onne   Verzeiht mir folgenden Zusatz, den ich anfüge, um den Rest des Blattes zu füllen.

Es stiegen nämlich — mit Erlaubnis — einige Geister aus der Hölle empor und sprachen zu mir: »Viel hast du auf des Herrn Geheiß geschrieben; schreib auch etwas auf unser Geheiß!«

Auf meine Erwiderung, was ich denn schreiben solle, sagten sie: »Schreib, daß jeder Geist — ob gut oder böse — in höchster Wonne lebe; der gute im Genuß des Guten, der böse im Genuß des Bösen.«

Ich fragte: »Was ist denn eure Wonne?« Sie antworteten: »Die Lust am Ehebruch, am Diebstahl, am Betrug, an der Lüge.«

Auf meine weitere Frage, wie denn diese Wonnen beschaffen seien, antworteten sie: »Von anderen werden sie wahrgenommen wie der Gestank von Kot, wie der Verwesungsgeruch von Leichen, wie die Ausdünstung abgestandenen Urins.«

Ich sprach: »Und das ist euer Ergötzen?« Und sie: »Es ist unser größtes Ergötzen.«

Ich erwiderte: »Dann seid ihr wie die schmutzigen Tiere, die sich in derlei suhlen.« Sie antworteten: »Ja, das sind wir. Aber derlei ist ein Genuß für unseren Geruchssinn!« - Emanuel Swedenborg, Sapientia Angelica de Divina Providentia, Paragraph 340 (1764), nach (boc)

Wonne (2) Gerade habe ich »Die Lehre der Sainte-Victoire« beendet; und ich sitze auf dem Baumstrunk draußen in der Sonne, die Katze in einigem Abstand daneben. Wie schön unauffällig sie mir Gesellschaft leistet! Ich blicke ins Innere einer Lilie und höre das erste Gesirr der frisch geschlüpften Wespen, und eine Amsel springt aus dem tiefen Gras wie ein Delphin. Das Wort »Wonne« fehlt noch in der Geschichte! Die nicht Geist werden, sind insgeheim wahnsinnig. Und doch habe ich mich nicht in Ruhe gedacht: dazu gehörte auch die Liebe; und so möchte ich als nächstes ein Werk der Liebe schreiben. Das heißt: ich will die neue Verwandlung, damit »der Gott in mir« nicht »arm und verlassen« bleibt! - (bleist)

Wonne (3)   Wir begleiten des Abends zuweilen, um uns am Anblick dieser herrlichen Tiere zu ergötzen, einen benachbarten Bauern zu seiner Lachsfalle. Ein gewaltiges Netz wird vor Felsnasen gesetzt, die der Fisch auf seinem Zuge passiert. Es birgt gleich den Tonnaren eine innere Kammer, eine camera di morte, in der die gefangenen Lachse stehen. Wenn man das Garn zu hissen beginnt, kündet eine wallende und bald schäumende Bewegung die Beute an. Dann erscheint in seiner tödlichen Umschnürung der große Fisch, ein wahres Wunderwerk mit seegrünem Rücken und altsilbernen Flanken, die an der Unterseite in die Farbe des frisch ausgegossenen Metalles übergehen. Sowie er das ungewohnte Element verspürt, schnellt er sich wie ein Silberbarren in die Luft, und rasch schlägt ihn der Bootshaken an, so daß ein schimmernd roter Riß aus dem Schuppenkleid hervorleuchtet. Schwer fällt er auf die Bootsplanken auf und poltert noch etliche Zeit mit langsam erlöschenden Zuckungen zwischen den Ruderbänken umher. Das ist für die Ohren des Fischers ein wonniges Geräusch. - Ernst Jünger, Myrdun. Briefe aus Norwegen (22. Juli 1935). München 1980 (dtv bibliothek kubin, zuerst 1943)

Wonne (4)  Wie um ein Schiff, das auf die offene See hinausfährt, die Küsten versinken und verschwinden, so versanken nun alle Qualen seines Lebens um seine befreite Seele. Sein bisheriges Dasein hatte ihm nur sehr wenig Gelegenheit zu reinem Zorn gegeben, jetzt gab er sich ohne Vorbehalt dem Rausch der Raserei hin. Das Herz lachte ihm im Leibe, wie das Herz in den alten Teutonen lachte, für die die Wonne des Zorns an sich die höchste Wollust war, und die von ihrem Paradies nichts Besseres forderten, als jeden Tag einmal getötet zu werden. - (blix)

Wonne (5)  ELISE: «Meine Wonne wäre, die Menschheit in Staub verwandelt zu sehen und allein übrigzubleiben, als die letzte.

Ich bin nicht für die Menge geschaffen.

In mir ist ein einfaches Bild: die Sonne, Blumen und Früchte in einem Garten, und ein alter Mann sitzt in der Mitte dieses Gartens.»

Wie man eine Harpune wirft, sage ich: «Ich bin da bei dir.»

«Der Greis ist kein Mensch. Der Mensch zählt für mich nicht.»    - Marcel Jouhandeau, Elise. Reinbek bei Hamburg 1968 (zuerst 1933 ff.)

Freude Genuß
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