ohlsein
In der Reihenfolge Boccaccios bleibend, unseres Führers bei dieser Unterhaltung,
komme ich nun zu den Mädchen, von denen man sicherlich
zugeben muß, daß sie von Natur für den Anfang sehr furchtsam sind und ihren
Schatz nicht preiszugeben wagen, eine Folge der beständigen Einredungen und
Vorstellungen von seiten ihrer Väter, Mütter,
Brüder, Verwandten, Herrinnen, in Begleitung der strengsten
Drohungen; auch wenn sie alle Begierden von der Welt danach hätten, kasteien
sie sich so sehr, als sie nur können, und sie haben auch Angst, daß der elende
Bauch sie sofort verrate, denn ohne den würden sie tüchtige Bissen verspeisen.
Diese Bedenken haben aber durchaus nicht alle; denn vor jeder Erwägung die Augen
schließend, gehen sie dreist darauf los, nicht gesenkten Hauptes, sondern mit
sehr hoch zurückgeworfenem: Das ist dann eine große Irrung von ihnen, weil die
Schande eines ausschweifenden Mädchens sehr groß ist
und tausendmal größere Bedeutung hat als bei einer verheirateten Dame oder einer
Witwe; denn wenn es seinen schönen Schatz verloren hat, dann hat es seinen Skandal,
sie wird schimpfiert, und alle Welt zeigt mit dem Finger auf sie, und es gehen
ihr sehr gute Heiratspartien verloren, wenn mir auch verschiedene Male bekannt
wurde, daß es stets irgendeinen Lümmel gibt, der entweder
freiwillig oder unversehens, absichtlich oder unwissentlich oder zwangsweise
sich zwischen ihre Beine warf und sie heiratete; und anderswo sagte ich schon
einmal: Wären sie auch noch so beschädigt, sie ließen es sich doch wohlsein.
- (
brant
)
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