itwe, lustige

 Die lustige Witwe
Marschlied zum Polterabend

l

Das ist die lustige Witwe,
Die »knax« den Kopf abbeißt;
Den Kopf mitsamt der Krone,
Wie immer sie auch heißt!
Den Kopf, ob er voll oder leer ist;
Die Krone, ob Gold oder Blech!
Zu lange bissen sie selber,
Zu lange waren sie frech.

2

Das ist die lustige Witwe,
Die steht auf dem großen Platz
Und wartet auf ihre Hochzeit
Und wartet auf ihren Schatz.
Die hat zwei kräftige Arme
Und läßt ihn nicht mehr aus,
Den fürstlichen bleichen Verlobten,
Kurz ist der Hochzeits-Schmaus!

3

Denn sie ist grad wie die Spinne,
Die »schnapp« den Bräutigam frißt,
Wenn er sie auch widerstrebend
Im letzten Moment bepißt.
Auf die paar Gnaden-Spritzer,
Meint sie, kommt es nicht mehr an.
Sie ist ja die lustige Witwe
Und kannt' so manchen Mann.

4

Das ist die lustige Witwe,
Steht wartend schon auf dem Platz,
Voll Ungeduld auf ihre Hochzeit:
»Wo bleibt denn nur mein Schatz?«
Ihr Deutschen, sie wartet schon lange,
Viel Bräutigams sind im Land;
Sie wartet auf allen Plätzen
Und winkt mit der roten Hand!

5

Ihr Deutschen, die lustige Witwe
Steht da ohne Haube und Hut.
Sie heult wie ihr vor Hunger
Nach Fürsten-Liebe und -Blut.
Laßt, Deutsche, die Dame nicht warten.
Streut Sägespäne und Sand
Und feiert die Hochzeit der Witwe,
Seid endlich einmal galant!

6

Treibt rechts und links zusammen
Die Bräutigamsbagasch!
Und fürchtet nicht, daß es zu viel sind.
Die Witwe heiratet rasch.
Kaum hat sie den einen entwitwet,
Geht sie an den nächsten stracks;
Kann hundert an einem Tage
Heiraten mit einem Knax!

7

Und wißt: so 'ne lustige Witwe,
Wie die in diesem Gedicht,
Steht auf jedem deutschen Platze,
Ob Ihr sie seht oder nicht!
Und führt Ihr die Fürsten zu ihr nicht,
Jagen Euch die Fürsten zu ihr.
Und dann ist's aus mit der Schlackwurst
Und mit dem bairischen Bier.

8

Denn eh' sie nicht Hochzeit gehalten,
Bleibt die lustige Witwe am Platz,
Und eher habt Ihr nicht Frieden,
Eh' sie nicht hat ihren Schatz.
Nun, ich wünsche fröhliche Hochzeit
Der lustigen Witwe und Euch,
Und dann gute Fürstenverdauung
Euch und dem ganzen Reich!

 - Erich Mühsam 1917, in: E. M., Zur Psychologie der Erbtante. Satirisches Lesebuch 1900 - 1933. Berlin 1985 (Eulenspiegel-Verlag)

Witwe, lustige  (2)   Ihr Körper glühte nach dem Bad. Sie spürte keinerlei Müdigkeit und vollführte im nassen Gras einen freudigen Tanz. Plötzlich hörte sie auf zu tanzen und spitzte die Ohren. Das Prusten kam näher, und im Weidengesträuch zeigte sich ein nackter Dickwanst mit schwarzem Seidenzylinder, den er auf den Hinterkopf geschoben hatte. Seine Füße waren mit einer Schlammschicht überzogen, und es sah aus, als trüge er schwarze Schuhe. Nach seinem Schnaufen und Hicken zu urteilen, war er tüchtig betrunken, was übrigens dadurch bestätigt wurde, daß der Fluß plötzlich nach Kognak roch.

Als der Dickwanst Margarita erblickte, starrte er sie an, dann brüllte er freudig:

»Was ist denn das? Wen seh ich da? Claudine, das bist du doch, du lustige Witwe? Du auch hier?« Und er kam zur Begrüßung dicht heran.

Margarita trat zurück und antwortete würdevoll:

»Scher dich zu des Teufels Großmutter! Was heißt hier Claudine? Kuck dir vorher an, mit wem du redest.« Nach kurzem Überlegen schloß sie ihre Rede mit einem langen, nicht druckfähigen Fluch. All das ernüchterte den leichtsinnigen Dickwanst.

»Oi!« rief er leise und zuckte zusammen, »verzeiht mir großmütig, erlauchte Königin Margot! Ich habe mich versehen. Schuld daran ist der verfluchte Kognak!« Der Dickwanst beugte das Knie, schwenkte den Zylinder zur Seite, machte eine Verbeugung und radebrechte in einem Gemisch von Russisch und Französisch allen möglichen Humbug von der blutigen Hochzeit seines Freundes Guessard in Paris und vom Kognak und davon, wie zerknirscht er über seinen betrüblichen Irrtum sei.

»Zieh dir wenigstens Hosen an, du Hundesohn«, lenkte Margarita ein. - (meist)

 

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