itwe, jungfräuliche  «Ich habe eine Witwe geheiratet, aber sie war eine ganz besondere Witwe. Als ich sie heiratete, war sie noch Jungfrau.»

(Alle meine Bekannten, die Witwen geheiratet haben, haben sie als Jungfrau befunden.)

«Der erste Mann», erklärte sie, «glitt auf der Treppe zum Standesamt aus und brach sich das Rückgrat.» Das ist die einfachste Version. Andere sagen: « Sie war Jungfrau, weil sie sich, als sie vom Hochzeitsfest heimkehrten, wegen Unverträglichkeit der Charaktere sofort trennen mußten. Er war ein viehischer Alkoholiker. Sie, eine zartgestimmte Seele, weigerte sich, die Seine zu werden und entfloh.» Auch dies ist eine übliche Version. Aber da gibt es noch andere, deren Beschaffenheit wechselt, je nach der Höhe der Einbildungskraft des zweiten Gatten. Geschichten von unvorhergesehenen Abreisen, von Verhaftungsbefehlen, von Hühnerknochen, die beim Hochzeitsmahl die Speiseröhre des jungen Ehemanns durchbohrten, von Feuersbrünsten, die im Hotel just im Moment der ehelichen Vereinigung ausbrachen.

Die allerüblichste Geschichte aber, die mir von neun ganz verschiedenen Personen erzählt worden ist, ist die Impotenz des ersten Gatten. Einer meiner Freunde, der das Geld einer Witwe geheiratet hatte, schwor mir, daß der erste Mann, von äußerst schwacher Konstitution, sie buchstäblich unberührt hinterlassen habe.

Später habe ich erfahren, daß die unberührte Witwe von diesem ersten impotenten Mann drei Söhne gehabt habe, die sich heute einer ausgezeichneten Gesundheit erfreuen, die Ersten in der Klasse sind und ihre Kameraden verprügeln.  - Pitigrilli, Der Keuschheitsgürtel. In: P., Betrüge mich gut. Reinbek bei Hamburg 1988 (rororo 12179, zuerst 1922)

 

Witwe Jungfrauschaft

 

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