issenswert  Er hielt in der Hand zwei kleine Bücher mit karmesinrotem Schnitt, in falbes Kalbleder gebunden. Er öffnete sie und erblickte den Titel, das war ›Die Anatomie der Messe‹, von Pierre du Moulin, mit diesem Datum: Genf, 1624.

»Das ist vielleicht interessant.« Er ging sich seine Füße wärmen und durchlief einen dieser Bände mit der Fingerspitze. »Ha«, machte er, »das ist aber sehr gut!«

Auf der Seite, die er las, war die Rede von der Priesterschaft. Der Autor behauptete, daß keiner das Priesteramt  ausüben dürfte, wenn er nicht gesund am Leib oder wenn ihm ein Glied abgenommen wäre, und indem er sich bei dieser Gelegenheit fragte, ob ein kastrierter Mensch zum Priester geweiht werden könnte, erwiderte er: ›Nein, wofern er nicht die Teile, die ihm fehlen, in Pulver verwandelt bei sich trägt.‹

Er fügte indessen bei, daß der Kardinal Tolet diese Auslegung, die nichtsdestoweniger von allen angenommen wurde, nicht zuließ.

Durtal fuhr erheitert in dieser Lektüre fort. Jetzt befragte sich Du Moulin über den wissenswerten Punkt, ob man Ursache hätte, die durch die Wollust verheerten Priester zu suspendieren. Und er zitierte sich als Antwort die melancholische Glosse des Kanons Maximianus, der m seiner 81. Unterscheidung seufzt: »Man sagt insgemein, daß niemand von seinem Amt wegen der Unzucht abgesetzt werden darf, abgesehen, daß sich wenige finden, die von diesem Laster ausgenommen sind.«  - Joris-Karl Huysmans, Tief unten. Zürich 1987