Wissenschaftsbetrieb  »Meiner Meinung nach ist der Fortschritt schon zu rasch«, sagte Mark Gable.

»Das glaube ich auch«, sagte ich mit voller Überzeugung, »Aber warum dann nicht etwas tun, um den Fortschritt zu verlangsamen?«

»Nichts wäre mir lieber. Aber wie soll man das anfangen?«

»Nun«, sagte ich, »das dürfte so schwer nicht sein. Es ist sogar ganz einfach. Sie gründen eine Stiftung, die, sagen wir, dreißig Millionen Dollar im Jahr verausgabt. Jeder Forscher, der Geld braucht, kann sich an diese Stiftung wenden, wenn er einen viel­versprechenden Arbeitsplan hat. Als nächstes errichten Sie zehn Ausschüsse, in denen je zwölf Wissenschaftler sitzen, die diese Arbeitsplätze begutachten. Sie nehmen die besten Wissenschaftler aus den Forschungslaboratorien als Mitglieder dieser Ausschüsse. In jedem Gebiet wird der Allerbeste zum Ausschußvorsitzenden gemacht mit einem Gehalt von 50000 Dollar. Weiter schreiben Sie etwa zwanzig Preise zu je 100000 Dollar aus für die besten Forschungsarbeiten des Jahres. Mehr brauchen Sie nicht zu tun. Ihr Rechtsanwalt könnte mit Leichtigkeit die Grundregeln der Stiftung ausarbeiten. Ja, er könnte die Grundregeln der Forschungsgemeinschaft, die vom 50. Kongreß festgelegt wurden, ohne wesentliche Änderung übernehmen.«

»Ich glaube, Sie sollten Mr. Gable erklären, wieso eine solche Stiftung den wissenschaftlichen Fortschritt verlangsamen würde«, sagte ein junger Mann mit Brille, der am entgegengesetzten Ende der Tafel saß.

»Das ist doch klar«, sagte ich. »Zunächst einmal würde man die besten Wissenschaftler aus den Laboratorien herausholen und mit dem Verfassen von umfangreichen Gutachten beschäftigen. Zweitens würden die Forscher, die um Geld nachsuchen, Probleme wählen, die von vornherein erfolgversprechend erschei­nen und mit ziemlicher Sicherheit zu Ergebnissen führen, die sich zur Veröffentlichung eignen. Ein paar Jahre lang würde vielleicht die Menge der wissenschaftlichen Ergebnisse ansteigen, aber bei der Suche nach offensichtlichen Erfolgen würde die Wissenschaft alsbald verdorren. Sie würde zu einer Art von Gesellschaftsspiel werden. Manches würde als interessant gelten, manches andere nicht, je nach der Mode. Wer der Mode folgte, würde gefördert werden, die anderen nicht. Und diese anderen würden dann bald die Lehre ziehen und auch der Mode folgen.«   - Leo Szilard, Die Mark-Gable-Stiftung. In: Phantastische Welten, Hg. Franz Rottensteiner. Frankfurt am Main 1984 (Phantastische Bibliothek 137)

 

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