Lady Muriel warf mir einen vielsagenden Blick zu; antwortete aber dennoch mit bewundernswerter Ernsthaftigkeit: »Oh, ja doch, ja! Wie wahr!«

»Und ist es nicht merkwürdig«, grübelte die junge Dame und schlug geradezu einen Salto von der Empfindung zur Wissenschaft, »daß das bloße Einwirken gewisser farbiger Strahlen ein derart herrliches Schauspiel auf die Retina zaubern kann?«

»Haben Sie vielleicht Physiologie studiert?« erkundigte sich ein gewisser junger Arzt höflich.

»O ja! Ist das nicht eine hübsche Wissenschaft?«

Arthur schmunzelte. »Es scheint ein Paradoxon, nicht wahr«, setzte er fort, »daß das auf der Retina entstandene Bild auf dem Kopf stehen soll?«

»Das ist wahrhaftig verwirrend«, gab sie freimütig zu. »Wie kommt es bloß, daß wir nicht das Unterste zuoberst sehen.«

»Sie haben demnach noch nie von der Theorie gehört, daß das Gehirn ebenfalls auf dem Kopf steht?«

»Nein, tatsächlich!. Was für ein schönes Faktum! Aber wie läßt sich das beweisen?«

»Ganz einfach«, antwortete Arthur, so als vereinige er die Würde von zehn Professoren in sich. »Was wir den Scheitelpunkt des Gehirns nennen, ist in Wahrheit seine Basis: und was wir die Basis nennen, ist in Wahrheit sein Scheitelpunkt: es ist einfach eine Frage der Denomination.«

Dieser letzte Mehrsilber erledigte die Frage. »Wie wahrhaft entzückend!« rief die untadelige Wissenschaftlerin enthusiastisch. »Ich werde unseren Psychologiedozenten einmal fragen, warum er uns diese vorzügliche Theorie noch nie dargelegt hat!«

»Ich gab was drum, dabei zu sein!« flüsterte mir Arthur zu, als wir uns auf ein Zeichen von Lady Muriel zu der Stelle begaben, wo die Picknickkörbe zusammengestellt waren, um uns einer nahrhafteren Tagesbeschäftigung zu widmen. - Lewis Carroll, Sylvie & Bruno. München 1986 (Goldmann 8552, zuerst 1889)