interabend     Man stellt sich im allgemeinen nicht vor, daß die Toten Botschaften schicken. Eines schönen Winterabends zitterte ich bei mir zu Hause vor einem elenden Feuer, das gerade auszugehen drohte. Ich war ohne Holz, ohne Kohlen, ohne Geld, ohne irgendwelche Neuigkeiten, gleichgültig, von wem. Ich dämmerte in den schrecklichen Schlaf all derer hinüber, die an Kälte, Hunger und allen erdenklichen Kümmernissen leiden, als ich eine Lammkeule vor mir auftauchen sah, eine jener prächtigen, knoblauchgespickten Lammkeulen, wie man sie in meinem heimischen Perigord ißt, mit oder ohne Neuigkeiten von Abwesenden und Verstorbenen. Es war ein Traum, wenn Sie so wollen, aber dennoch war es nicht einfach nur ein Traum. Ich erkannte diese Lammkeule wieder. Es war die normannische Lammkeule, die vor fünfzehn Jahren einem großen Schriftsteller unter meinen Freunden an einer Steilküste der normannischen Halbinsel Cotentin serviert worden war. Nachdem dieser große Esser sich einige Scheiben davon abgeschnitten hatte, ohne einen Gedanken an die Bedürftigen zu verschwenden, warf er das gewaltige Fleischstück dem Hund des Gasthofes hin, um sich an der Verblüffung der in nächster Nachbarschaft sitzenden armen Leute zu weiden. Lange später noch lachte er darüber . . .

Ich habe ihn sterben sehen. In dem Augenblick, da er verschied, rannen ihm zwei dünne Tränenströme aus den Augen. Seit vierundzwanzig Jahren habe ich keinerlei Neuigkeiten von seiner armen Seele erfahren, und ich überlasse es Ihnen, darüber nachzudenken, ob dieses Schweigen mich beruhigt.  - (bloy)

 

Abend

 

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