Willkommen

 

- Moebius

Willkommen (2)   »Ich hoffe, wir werden hier gemeinsam eine interessante Zeit haben«, lächelt Thurn. »Wie ich höre, waren Sie verreist. Etwas frischer Wind würde hier nicht schaden. Unsereiner kommt ja kaum von Stadice nach Friedland! Was gibt's Neues in der Welt? Japan soll in der Wirtschaft weiterhin führend sein. Ihr zweites Schwert, sozusagen... Jedenfalls Konnichiwa, meine Herren, willkommen an Ihrem Arbeitsplatz!«

»Konnichiwa sagst du, du Wicht!« Podol hebt Thurn hoch und sieht sich um, ob er ihn auf die Karre oder in den Mischer stopfen soll. »Ich sehne mich richtig nach dem Arschloch von deinem Kaderleiter, du Geschwür! So, heiraten willst du auf alten Knien? Eine Erzsébet Báthory auch noch, dieses fette Stück, das nicht tschechisch spricht? Rammelt, wo ihr wollt, meinetwegen in eurer Familiengruft, aber diese Wand wirst du nicht mit deinen parfümierten Dreckshänden berühren! Wir haben dich schon einmal verprügelt! Wo sind die Sgraffiti, die wir im letzten Jahr fertig hatten? Wieso hast du meine Bilder zerkratzt?«

Thurn fängt an, zu röcheln.

Jirse knöpft sein Bein ab und krückt heran. »Faß!« Sein deutscher Schäferhund springt mit aufgesperrtem Rachen Podol an, wird aber mit einem Griff abgeschüttelt. Beim zweiten Versuch packt ihn Podol, der in Sibirien Wölfe gesehen hat, am Schwanz und wirbelt ihn durch die Luft. Der Rassehund klatscht auf den Boden und verkriecht sich winselnd. Keine Schläge, keine Befehle von Jirse können ihn zu einem neuen Angriff bewegen.

»Zu fett und träge, ein armseliger Bastard!«, Podol wehrt angeekelt Jirses Prothesen-Schläge ab.

Erzsébet Báthory nimmt eine Kelle Mörtel und zielt auf Podol. Sie trifft Horsky, der sich gegen die Materialverschwendung resolut ausspricht. »Heute nicht«, sagt Podol zu der Komtesse. »Nicht mit dir. Schade um den Kalk. Verschwindet sofort, sonst kommt ihr alle in den Mixer und an die Wand!«

»Wie Max und Moritz!«, sagt Nordanc unpassend und stellt Jirse ein Bein.

»Und dieser Ausländer hier! Mit seinen perversen Neigungen!«, Jirse zeigt sabbernd auf Nordanc.

»Zieh lieber dein Bein an und frag dieses Früchtchen, ob sie sich in Cachtice auch so häuslich eingerichtet hat wie die alte Bäthory mit ihrer Folterkammer. Wieviele Mädchen waren es damals, dreihundert? Sie brauchte ja frisches Blut zum Baden! Neben der war de Sade ein verklemmter Stümper! Alles feinster Adel, vor dem du winselst!«

»Erömy!«, die Frau hat eine Forke gefunden und stürzt sich auf Podol.

»Übernimm dich nicht, Süße«, Podol weicht aus, entreißt ihr das Gerät und schleudert es in weitem Bogen über den Rasen. Er ist seihst über seine Kondition überrascht.

»Erlauben Sie sich keine Frechheiten gegenüber meiner Braut!«, Thurn holt mit seinem Spachtel aus und sticht auf Podol ein, bis der Stiel bricht Podol, sibirisch abgehärtet, sieht zunächst amüsiert zu, dann packt er geärgert Thurn an den grünen Eicheln seines Aufschlags und drückt ihn in den frischen Verputz. »Für dein Wappen, du Herold!«

Für einen Augenblick ziert Thurn neben den frisch gezeichneten Türmchen die Fassade zu Friedland. Zu seiner Linken erstrecken sich sauber ausgekratzte Wolfszähne, das Wappen der Báthorys. - Libuše MonÍková, Die Fassade. München 1990

 

Begrüßung

 

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