erkzeugwahl »Ich
will Ihnen zu keinem Jagdschein verhelfen. Ich will
nur wissen, warum Sie bei der Ermordung Wierockis die Hände
benutzt haben und nicht das Messer, das Sie angeblich
an jenem Abend bei sich führten.«
Diese Frage machte einen gewissen Eindruck. Rozbans Augen verdüsterten sich, mit gerunzelter Stirn sah er den Gast an.
»Sie sind mir vielleicht einer, verdammt noch mal!« sagte er schließlich. »Sie latschen mir da einfach in meine Seele rein, als wären Sie dort der Herr im Hause.«
Und er musterte ihn mit echter Bewunderung.
»Wer zum Deibel hat Sie geheißen, mich danach zu fragen? Wissen Sie, daß ich mich das schon ein paarmal selbst gefragt habe?«
Materna spitzte die Ohren.
»Tatsächlich?«
»Na klar, denn ich weiß selber nicht, warum ich ihn nicht gleich mit dem Messer abgestochen habe.«
»Vielleicht hat Sie im letzten Augenblick etwas abgehalten?«
Rozbari überlegte.
»Abgehalten?« erwiderte er nach einer Weile. »So direkt abgehalten hat mich nichts, plötzlich kam mir nur der Gedanke, daß es angenehmer wäre, ihn zu erwürgen.«
In Maternas Augen begann es seltsam zu blitzen.
»Angenehmer, sagen Sie? Ja, ja, es ist schon angenehmer, unter : den Fingern den in Todesängsten sich windenden Körper des Feindes zu spüren und sich an seinen Qualen zu weiden.« ; Rozban schob sein Gesicht näher an das des Besuchers heran und senkte seinen Blick in dessen Augen.
»Woher wissen Sie das alles?« fragteer. »Welcher Satan hat Ihnen das gesteckt?«
»So war es also?« fragte Materna.
Rozban trat einen Schritt zurück, schon kühler und ruhiger.
»Ja«, brummte er finster. »So war es in jenem Augenblick. Ich habe ihn zuerst
gar nicht mal umbringen wollen. Wozu auch? Es hätte ja gereicht, ihm die Brieftasche
und die goldene Uhr mit der Kette wegzunehmen. Doch dann, mit einemmal, mir
nichts, dir nichts, hat's mich gejuckt, ihn mit dem Messer zu kitzeln. Als ich
aber das Ding aus der Tasche zog, bekam ich auf einmal Lust, den Kerl zu erwürgen.
Dieser Bourgeois war mir so widerlich, daß ich ihm an die Gurgel sprang wie
ein hungriger Wolf. Das passierte alles in einem Augenblick. Erst als er wie
ein Sandsack mit ausgebreiteten Armen von der Bank fiel, fuhr es mir durch den
Nüschel, daß ich ihn ganz unnötig kaltgemacht habe. Einfach zustechen, das ist
schon vorgekommen, aber jemanden so richtig abmurksen, das habe ich vorher noch
kein einziges Mal gemacht. Jetzt ist's passiert. Mein erster Leichnam und mein
letzter.« - Stefan Grabinski, Zeuge
Materna.
In: Phantastische Zeiten. Hg. Franz Rottensteiner. Frankfurt am Main 1986 (Phantastische
Bibliothek 185)
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