eltverstand
Um Computer schlauer zu machen, gibt es viele Wege.
Dieser ist neu: Man läßt ihn einfach fragen. Im Internet wartet ein
Rechner tagein, tagaus auf Leute, die aufgelegt sind, ein Spielchen namens "Twenty
Questions" mit ihm zu machen. Es besteht darin, daß der Mensch sich
ein Objekt ausdenkt, und der Computer muß es erraten. Dazu stellt er der
Reihe nach Fragen, und der Mitspieler antwortet mit Ja, Nein, Vielleicht oder
dergleichen. Ist das Objekt wertvoll? Klebrig? Hat es eine Sirene? So grenzt
der Computer die Auswahl immer weiter ein. Am Ende speichert er die Antworten
zusammen mit den Objekten in seiner Datenbank.
Auf diese Weise kommt der Computer allmählich zu Weltverstand. Er hat gelernt, daß Zigaretten und Autos zu den Dingen
gehören, die qualmen, und daß Augen kleiner sind als Golfbälle.
3253 Objekte umfaßt sein Wissen derzeit, von der Aktienbörse bis
zum Frosch. 1118 Fragen kennt er, mit denen er unbekannte Objekte ergründen
kann. Das Internet-Spiel ist ein Werk des amerikanischen Programmierers Robin
Burgener, der seit zehn Jahren spaßeshalber an einem selbstlemenden Computer
bastelt.
Jetzt hat er den Spieltrieb der Internet-Gemeinde als unerschöpflichen Wissensquell
entdeckt. Leider ist sein System damit auch wehrlos Scherzbolden ausgeliefert,
die ihm mit dummen Antworten die Datenbank verderben. Deshalb ist der Computer
nun der Ansicht, daß man aus Fröschen Auflauf macht und daß Bleistiftspitzer
Eier legen. - Aus: SPIEGEL 3/1999
Weltverstand (2) Man lernt die Welt nicht aus Büchern
kennen. Das ist bekannt, weniger bekannt, warum: Weltkenntnis ist das Resultat
tausend feiner Beobachtungen, die man aus Eigenliebe niemandem, auch nicht dem
besten Freund anzuvertrauen wagt. Man fürchtet, für einen Kleinigkeitskrämer
gehalten zu werden, obwohl gerade die Kenntnis solcher Kleinigkeiten
nicht wenig zum Erfolg der größten Unternehmungen beitragen kann. - (
Chamfort
)