elteier Im
Anfang war das Urnichts, die Leere.
Daraus entstand allmählich das Ursein. Dann entstanden Licht und Strahl. Das
Licht ist der Vater, und der Strahl ist die Mutter. Daraus entstanden Finsternis
und Helligkeit. Dann entstand ein kalter Wind, darauf etwas fahler Reif. Dann
kam etwas Tau. Als sich Reif und Tau vereinigten, entstand ein See wie ein Spiegel.
Dann bildete sich eine Haut und rundete sich zu einem Ei. Aus dem Inneren des
Eies kamen zwei Vögelchen hervor, ein schwarzes und ein weißes, genannt »das
mit leuchtendem Licht Versehene« und »das mit Finsternis-Qual Versehene«. Als
sich Licht und Finsternis verbanden, entstanden drei Eier,
ein weißes, ein schwarzes und ein scheckiges. Als das weiße Ei sich öffnete,
entstand aus der äußeren Schale ein weißer Götterfels. Aus dem mittleren Eihäutchen
entstand das »Thron-Abteilungs-Reich« des Lichtes. Aus der Eiflüssigkeit im
Inneren entstand die muschelweiße Yak-Hybriden-Kuh. Aus der inneren Schale des
Eis entstanden drei Personen, der Weltgott »Weißes Licht«, der weiße »Alles
wissende Menschen-Schützer« und der »muschelweiße mit Menschen versehene« Gott.
Als das schwarze Ei aufging, entstanden der schwarze »Hochmutsmensch« und Dril-rag
dpung-bkra (»Schwarzer Haufen, bunter Haufen«), die beiden. Als das scheckige
Ei aufging, entstand der glänzende »Wunschgebet-Mann«. Der hatte kein Auge zum
Sehen, kein Ohr zum Hören, keine Nase zum Riechen, keine Zunge zum Schmecken,
keine Hand zum Ausstrecken und keinen Fuß zum Gehen, sondern nur einen Geist
zum Denken, der ihm als Äquivalent für das sehende Auge, das hörende Ohr, die
riechende Nase, die schmeckende Zunge, die sich ausstreckende Hand und den gehenden
Fuß diente. Er gab sich selbst seinen Namen, nämlich Weltgott Sangs-po 'bum-khri.
Der Weltgott Sangs-po 'bum-khri heißt auch Ye-smon rgyal-po.
- Märchen aus Tibet. Hg. Helmut Hoffmann. Düsseldorf Köln 1965
(Diederichs,
Märchen der Weltliteratur)
Welteier (2)
Welteier (3) . Nachdem Schaunaki den trefflichen heiligen Keim empfangen hatte und schwanger geworden, legte sie, da ihre Zeit erfüllet war, an einem reinen Orte dreimal ein Ei.
Da indessen die Schönhüftige in heftigem Verlangen die Zeit nicht erwarten konnte, so machte sie ein Löchlein in das zuerst gelegte Ei. Durch den Spalt fuhr die Freundin der Wolke, der Blitz, zum Äther empor.
Da schämte sie sich über die Maßen, sie sann und
sann und öffnete schließlich das mittelste Ei. Aus ihm ward Aruna, der
Freund der Sonne, geboren.
Kaum war er geboren, so fluchte er seiner askesereichen Mutter: »Was hast du da Übles getan, du, deren religiöses Verdienst so groß ist! Ich bin noch fußlos, Ungestüme!«
Als er geboren war, kam der Sonnengott herbei und
sprach das Wort: »Gib ihn mir, o Göttin! Dein Sohn vermag meiner Rosse
Ungestüm zu zügeln; du aber magst wieder fröhlich sein!«
Kaum war Garuda geboren, so erbebten alle drei Welten*; die ganze Erde erbebte samt Gebirgen, Wäldern und Hainen.
Vom Himmel verschwanden Sonne und Mond; keine Gestirne leuchteten mehr.
Die Götter zitterten vor Entsetzen; kein Lufthauch wagte sich zu regen.
Kein Weib empfing mehr eine Frucht; die Meere trockneten aus. Die Kühe
gaben keine Milch mehr und liefen angstgepeinigt auseinander.
Die Brahmanen vergaßen den Wẽda; allerorten wimmelte es von Schlangen.
In der Erkenntnis, daß Garuda allgegenwärtig war, stellten sich alle in
seinen Schutz.
Da kehrten alle Schlangen unverzüglich in ihre Wohnungen zurück.
Diejenigen Wesen, welche bei Garutmants Geburt zugrunde gegangen waren,
wurden durch den Selbsterschaffenen neu geschaffen.
Für die unter dem Sternbild Maghặ Geborenen, für die,
deren Leiber alle Weden sind, für die, weldie 1000 Jahre lang Embryonen
waren, tritt Stillung des Feuers ein.
* Die der Götter, der Menschen und der Dämonen
- Indische Märchen. Hg. und übersetzt von Johannes Hertel. München 1953 (Diederichs Märchen der Weltliteratur)
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