eiblichkeit Die Weiblichkeiten heißen Schwächen. Man spaßt darüber; Toren treiben damit ihren Spott, Vernünftige aber sehen sehr gut, daß sie gerade die Hebezeuge sind, die Männlichkeit zu lenken und sie zu jener ihrer Absicht zu gebrauchen. Der Mann ist leicht zu erforschen, die Frau, verrät ihr Geheimnis nicht; obgleich anderer ihres (wegen ihrer Redseligkeit) schlecht bei ihr verwahrt ist. Er liebt den Hausfrieden und unterwirft sich gern ihrem Regiment, um sich nur in seinen Geschäften nicht behindert zu sehen; sie scheut den Hauskrieg nicht, den sie mit der Zunge führt und zu welchem Behuf die Natur ihr Redseligkeit und affektvolle Beredtheit gab, die den Mann entwaffnet. Er fußt sich auf das Recht des Stärkeren, im Hause zu befehlen, weil er es gegen äußere Feinde schützen soll; sie auf das Recht des Schwächeren: vom männlichen Teile gegen Männer geschützt zu werden, und macht durch Tränen der Erbitterung den Mann wehrlos, indem sie ihm seine Ungroßmütigkeit vorrückt.
Im rohen Naturzustände ist das freilich anders. Das Weib ist da ein Haustier.
Der Mann geht mit Waffen in der Hand voran, und das Weib folgt ihm mit dem Gepäck
seines Hausrats beladen. Aber selbst da, wo eine barbarische bürgerliche Verfassung
Vielweiberei gesetzlich macht, weiß das am meisten begünstigte Weib in ihrem
Zwinger (Harem genannt) über den Mann die Herrschaft zu erringen, und dieser
hat seine liebe Not, sich in dem Zank vieler um Eine (welche ihn beherrschen
soll) erträglicher Weise Ruhe zu schaffen. - Immanuel Kant, Anthropologie
in pragmatischer Hinsicht (1798)
Weiblich (2) Neben den eigentlichen Dienstboten gibt
es mindestens noch eine weitere Klasse von Personen, deren Kleidung
derjenigen von Dienern ähnlich sieht und außerdem jene Merkmale aufweist, die
das spezifisch Weibliche der Frauenkleider ausmachen. Zu dieser Klasse gehören
die Priester. Priesterkleider besitzen in ganz besonderem
Maße all jene Züge, die wir als Kennzeichen der Servilität, das heißt als Kennzeichen
eines unterlegenen Status und eines stellvertretenden Lebens bezeichnet haben.
Dies trifft sowohl für das Alltagskleid des Priesters zu wie auch, und zwar
in noch höherem Maße, für das eigentliche Ornat, das zugleich schmuckvoll, grotesk,
unpraktisch und - wenigstens dem Anschein nach - geradezu qualvoll unbequem
ist. Außerdem wird vom Priester erwartet, daß er
sich jeder nützlichen Arbeit enthalte und daß er -
jedenfalls in der Öffentlichkeit - eine unbewegt trostlose Miene zur Schau stelle,
die dem Gesichtsausdruck eines wohlerzogenen Dieners zum Verwechseln ähnlich
ist. Auch das glattrasierte Gesicht des Priesters erweckt denselben Eindruck.
Seine Ähnlichkeit mit dem Diener, die in Gebaren und Kleidung zum Ausdruck kommt,
läßt sich auf die fast gleiche wirtschaftliche Funktion der beiden Klassen zurückführen.
Gemäß der ökonomischen Theorie übt nämlich der Priester die Funktion eines Leibdieners
aus, der mit der persönlichen Wartung der Gottheit, deren Livree er trägt, betraut
ist. Diese Livree ist sehr kostspielig, was sie ja auch sein muß, soll sie in
geziemender Weise die Würde des erhabenen Herrn gebührend herausstellen; doch
weist ihre Beschaffenheit deutlich darauf hin, daß sie nicht für die physische
Bequemlichkeit des Trägers erfunden wurde, denn sie gehört in den Bereich des
stellvertretenden Konsums, und das Prestige, das sie verleiht, gebührt dem abwesenden
Herrn und nicht dem Diener. -
Thorstein Veblen, Theorie der feinen Leute. Eine ökonomische Untersuchung
der Institutionen. München 1971 (zuerst 1899)
Weiblich (3) Die Frage von Weiblichkeit bei Menschen
ist ein außerordentlich schwieriges Problem. Man weiß, daß sich Männer
in ihrer Eitelkeit sehr gegen den Vorwurf sträuben,
weiblich zu sein, und doch weiß man kaum, was man zu der einen und andren Natur
rechnen kann. Sicher ist ja, daß die Männer viel empfindlicher bei jeder Verletzung
sind und viel wehleidiger, als die Frauen, und, wie schon gesagt, wesentlich
eitler. Aber man spricht von diesen Dingen, ohne je vollkommen auf einen gesunden
Grund zu kommen. Man muß sich klar sein, daß ein Mann an Kopfgeburten reicher
ist, eine Frau an körperlichen Geburten. Es ist garnicht
zu bezweifeln, daß eine Frau von der Natur an der Grenze physischer Leiden ein
wenig unempfindlicher gemacht ist, als ein Mann. Man kann nicht verschweigen,
daß eine Frau wohl 26 und 40 Kinder in ihrem Leben hat, aber das ist eine Ausnahme.
Daß aber ein gut entwickelter Mann in seinem fortgesetzten gedanklichen Planen
in fortwährender Schöpfung steht, ist anzunehmen,
wenn er nicht gerade krank ist, und doch hat man kümmerlicher Weise noch nicht
einmal die Menses bei ihm beachtet, die seinen Konzeptionen zu Grunde liegen.
- Ernst Fuhrmann, Der Geächtete. Berlin 1983 (zuerst
1930)
Weiblichkeit (4) Zu denken, daß dies die
Inspiration des Mannes ist, daß dies unsere Lieferantinnen der Lyrik sind, daß
wir uns mit dem Weine aus diesem Fasse berauschen müssen. Konkurrenzlos ist
die primäre Schönheit des Weibes, die, mit der es die Natur ausgestattet hat
- nichts Herrlicheres, noch Erregenderes und Berauschenderes, als daß ein Mann
eine jüngere Gefährtin gewonnen hat, die Dienerin und zugleich Herrin ist; und
nichts Wundervolleres als die Tonart, die ein Weib hineinbringt, dieser Zweitgesang,
der die geheimnisvolle Ergänzung der Männlichkeit ist, das Erfassen der Welt
in anderer Skala, eine besondere, uns unzugängliche Interpretation . . . Warum
ist dieses Wunderbare einer so schrecklichen Vulgarisierung unterlegen? -
(
gom
)
Weiblichkeit (5)
- N.N.
Weiblichkeit (6) Frauen - Kinder - Esprit des
Baggatelles. Art der Conversation mit ihnen. Die Muster der gewöhnlichen
Weiblichkeit empfinden die Grenzen der jedesmaligen Existenz sehr genau - und
hüten sich gewissenhaft dieselben zu überschreiten - daher ihre gerühmte Gewöhnlichkeit
- practische Weltleute. Sie mögen selbst übertriebne Feinheiten, Dehcatessen,
Wahrheiten, Tugenden, Neigungen nicht leiden - Sie heben Abwechselung des Gemeinen
- Neuheit des Gewöhnlichen - keine neuen Ideen, aber neue Kleider - Einförmigkeit
im Ganzen - oberflächliche Reitze. Sie lieben den Tanz vorzüglich wegen seiner
Leichtigkeit, Eitelkeit und Sinnlichkeit. Zu guter Witz
ist ihnen fatal - so wie alles Schöne, Große und Edle. Mittelmäßige und selbst
schlechte Lectüre, Acteurs, Stücke etc. das ist ihre Sache. - Novalis, Teplitzer Fragmente (1798)
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