Wegschlafen   Er hatte langes, weißes, lockiges Haar, trug einen hellen Anzug und um den Hals einen locker gebundenen Seidenschal. Er wirkte wie ein ehemaliger Varietékünstler - ein Operettensänger zum Beispiel, der seine größten Erfolge auf dem Festival von Lamalou-les-Bains erzielt haben mochte -, jedenfalls hätte man eher erwartet, ihm in einem von einer karitativen Vereinigung für notleidende alte Künstler finanzierten Heim zu begegnen als in dieser Institution, die in Frankreich, selbst an der Côte d'Azur ihresgleichen suchte, man musste schon nach Monaco oder in die Schweiz fahren, um etwas Entsprechendes zu finden.

Jeds Vater betrachtete den alten Beau eine ganze Weile stumm, ehe er sich an seinen Sohn wandte. »Der da hat Glück«, sagte er schließlich. »Er hat eine sehr seltene Krankheit - eine Demeleumaiose oder wie immer das heißt. Er leidet überhaupt nicht, sondern ist nur ständig erschöpft und schläft alle paar Minuten ein, selbst beim Essen. Wenn er spazieren geht, setzt er sich nach wenigen Metern auf eine Bank und nickt ein. Er schläft jeden Tag ein bisschen mehr, und irgendwann wacht er dann gar nicht mehr auf. Es gibt Menschen, die haben bis zum letzten Moment Glück.«    - Michel Houellebecq, Karte und Gebiet. Köln 2011

Schlafen

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