Wegepflege Als die zwischen ihnen verabredete Stunde gekommen war, begaben sich die Witwe und ihre Magd auf verborgenen Wegen in das Haus Garitas, die sie in eine zu diesem Zweck hergerichtete Kammer führte und dort allein ließ. Die Frau ließ darauf die Magd in einer anderen Kammer sich verbergen, legte sich selbst in das bereitstehende Bett und erwartete mit heißer Sehnsucht ihren leiblichen Sohn zur Liebesschlacht.

Hah! grausames schurkisches Weib, hah! geile Sau, hah! unmenschliches reißendes Tier! welch anderer teuflischer weiblicher Geist, welch andere verrückte Verwegenheit, wenn nicht diese, hätte es gewagt, einen so verabscheuungswürdigen und so ungeheuerlichen Inzest auch nur auszusinnen, geschweige denn zu begehen? O göttliche Gerechtigkeit, warte nicht darauf, daß ein so schweres und so fluchwürdiges Verbrechen von weltlichen Richtern bestraft werde, - sende sofort, sobald das böse Weib sich anschickt, die Tat zu begehen, deinen mehr als gerechten Zorn auf sie hernieder und mach', daß die Erde sie lebendig verschlingt!

Pino trat, als es ihm an der Zeit dünkte, ohne den geringsten Verdacht in Garitas Haus, wo er von ihr freundlich empfangen und wie ein Blinder im Dunkeln in die bewußte Kammer geführt wurde. Nachdem er sich, in der Überzeugung das geliebte Mädchen in derjenigen zu finden, deren Anwesenheit im Bett er merkte, ausgezogen und an ihre Seite gelegt hatte, begann er sie mit süßen Küßen zu bedecken. Als er aber weitergehen wollte, leistete sie gelinden Widerstand, und indem sie sich mit großer List so stellte, als lasse sie sich Gewalt antun, machte sie ihn glauben, daß er derjenigen wirklich ihre Jungfräulichkeit geraubt habe, die doch die seine verschlungen hatte; denn mit Hilfe wirksamer Pulver, Dämpfe und Bäder hatte sie den ausgetretenen Weg so eng gemacht, daß nicht nur der unerfahrene Jüngling, sondern auch die meisten in dieser Kunst Erfahrenen, ihn nicht als begangen erkannt hätten.

Obgleich der Jüngling sich in derlei nächtlichen Scharmützeln noch nicht geübt hatte, kann man sich doch vorstellen, daß er, im Glauben nicht sein eigenes, sondern fremdes Ackerland zu pflügen, von der Lust übermannt, nicht einen einzigen Augenblick ungenützt verstreichen lassen konnte.  - Masuccio, Novellino. Berlin 1988 (zuerst 1476)

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