eg, rechter  Er hat mir gesagt: »Schreib alle Tag', und wenn's Folianten wären, es ist mir nicht zu viel«, aber ich selbst bin nicht alle Tag' in der Stimmung, manchmal denke ich so geschwind, daß ich's gar nicht schreiben kann, und die Gedanken sind so süß, daß ich gar nicht abbrechen kann, um zu schreiben, noch dazu mag ich gern grade Linien und schöne Buchstaben machen, und das hält im Denken auf, auch hab' ich ihm manches zu sagen, was schwer auszusprechen ist, und manches hab' ich ihm mitzuteilen, was nie ausgesprochen werden kann; da sitz' ich oft Stunden und seh' in mich hinein und kann's nicht sagen, was ich seh', aber weil ich im Geist mich mit ihm zusammen fühl', so bleib ich gern dabei, und ich komme mir vor wie eine Sonnenuhr, die grad' nur die Zeit angibt, solang' die Sonne sie bescheint. Wenn meine Sonne mich nicht mehr anlächelt, dann wird man auch die Zeit nicht mehr an mir erkennen; es sollte einer sagen, ich leb', wenn er mich nicht mehr lieb hat; das Leben, was ich jetzt führ', davon hat keiner Verstand, an der Hand führt mich der Geist einsame Straßen, er setzt sich mit mir nieder am Wassersrand, da ruht er mit mir aus, dann führt er mich auf hohe Berge; da ist es Nacht, da schauen wir in die Nebeltale, da sieht man den Pfad kaum vor den Füßen, aber ich geh' mit, ich fühl', daß er da ist, wenn er auch vor meinen leiblichen Augen verschwindet, und wo ich geh' und steh', da spür' ich sein heimlich Wandeln um mich, und in der Nacht ist er die Decke, in die ich mich einhülle, und am Morgen ist er es, vor dem ich mich verhülle, wenn ich mich ankleide, niemals mehr bin ich allein, in meiner einsamen Stube fühl' ich mich verstanden und erkannt von diesem Geist; ich kann nicht mit lachen, ich kann nicht mit Komödie spielen, die Kunst und die Wissenschaft, die lasse ich fahren; noch vor einem halben Jahr, da wollt' ich Geschichte studieren und Geographie, es war Narrheit. Wenn die Zeit, in der wir leben, erst recht erfüllt wär' mit der Geschichte, so daß einer alle Hände voll zu tun hätt', um nur der Geschichte den Willen zu tun, so hätt' er keine Zeit, um nach den vermoderten Königen zu fragen, so geht mir's, ich hab' keine Zeit, ich muß jeden Augenblick mit meiner Liebe verleben. Was aber die Geographie anbelangt, so hab' ich einen Strich gemacht mit roter Tinte auf die Landkart'. Der geht, von wo ich bin bis dahin, wo es mich hinzieht, das ist der rechte Weg, alles andre sind Irr- und Umwege. - Bettine von Arnim an Frau Rat Goethe

Weg, rechter (2)  Mit einem Schrei, der wie die Stimme des Windes klang, rannte ein Wolf an ihr vorbei. ›Das ist der richtige Weg‹, dachte sie und kämpfte sich durch die Wand des Windes, der ihr Haar weit hinter ihr her wehen ließ. Weiter bergan schneite es, als erbrächen sich die Wolken, und Jemima weinte Eistränen. Sie befand sich nun in einem Wald, dessen Bäume gewaltiger emporragten als Kathedralen. Die Wolken, die durch das Geäst dieser Baumriesen trieben, ballten sich zu dichten schwarzen Massen. Es war so schneidend kalt, dass die Vögel wie Steine tot vom Himmel fielen. Sogar das Felsgestein platzte auf und blutete in Kaskaden von Eis. Jemima grub die Hände in ihre Haare und stellte fest, dass diese hart geworden waren wie Holz und zusammen ein kleines, knirschendes Geräusch verursachten, das wie die Musik eines primitiven Instruments klang. Mehrere Tiere kreuzten ihren Weg, zeigten sich aber völlig desinteressiert und furchtlos. Sie waren so mager, dass Jemima hörte, wie ihre Knochen sich knirschend aneinanderrieben.  - (wind)
 
 

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