assertrinker Die
Nachtposten waren auf den Gängen verteilt, und es hätte ohne ein böses Gerede
nicht endigen können, wenn er so spät noch ein Mädchen aus seinem Zimmer entlassen
hätte; er mußte sich also in zagender Geduld fügen, und der armen, müden Bella
sein eignes Bette zum Nachtlager anweisen, während er sich selbst vornahm, sich
durch ein hartes Bußlager von jeder Versuchung frei zu halten. Seine Verlegenheit
ging aber bald an, als ihm unwiderstehlich nach dem Wasserglase verlangte, das
sich Bella an ihr Bett gesetzt: es war das einzige, und es drängte ihn der Durst,
daß er aufstehen mußte, und Bella, vom festen Schlafe rötlich angewärmt, schnell
atmend in schöner Lage erblickte. Ihm war nie solch ein Anblick vorgekommen
und er konnte es selbst nicht recht begreifen, warum er so langsam trinken mußte
und gar nicht fertig werden konnte, die einzelne Fliege abzuwehren, die immer
zu dem schlafenden Engel zurückkehrte; endlich stach ihn selbst eine Art Götterverehrung,
die bis dahin nur ganz äußerlich aus den römischen Dichtern in seine Rhetorik
übergegangen war. Venus war jetzt Fleisch geworden,
er rief sie in Horazens Versen leise an, und wer weiß wozu ihn diese
läppische Schulweisheit verführt haben möchte, wenn er nicht mitten in seiner
Adonisrolle seine Tonsur und sein graues Haar im Spiegel
gesehen hätte. Ihm schauderte, es war ihm, als habe er einen Heiligen gesehen,
der sich im Nachtmahlwein vor seinem Tode betrunken. Er legte sich seufzend
auf die harte Dielen, konnte aber nicht schlafen, denn seine Gedanken waren
immer beschäftigt, bald reuig, bald sündig. - Achim von Arnim,
Isabella von Ägypten
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