asser-Großvater  Er kann sich flink verwandeln und soll Menschen ertränken, wenn sie mittags oder um Mitternacht schwimmen. Ertrunkene und auch enterbte Mädchen werden von ihm geheiratet, unglückliche Frauen soll er mit besonderem Geschick durch Schmeicheleien in seinen Dienst locken. In Mondnächten liebt er es, zu tanzen. Wenn eine seiner Frauen ein Kind erwartet, kommt er in die Dörfer, um eine Hebamme zu suchen. Aber an dem Wasser, das vom Saum seiner Kleider tropft, kann man ihn erkennen. Er ist kahl, dickbäuchig und hat geblähte Backen, und er trägt grüne Kleider und eine hohe Kappe aus Schilf, kann aber auch als netter Jüngling erscheinen oder die Gestalt eines bekannten Dorfbewohners annehmen. Auf dem Land ist er schwach, überlegen aber in seinem eigenen Element, dem Wasser. Er bewohnt die Tiefe der Flüsse, Ströme und Teiche, am liebsten in der Nähe einer Mühle. Tagsüber hält er sich versteckt, wie ein alter Hecht oder Lachs, aber nachts kommt er an die Oberfläche, platschend wie ein Fisch, um sein Unterwasservieh, Rinder, Schafe und Pferde, zum Grasen aufs Land zu treiben oder, auf dem Mühlrad hockend, schweigend sein langes grünes Haar und seinen Bart zu kämmen. Wenn er im Frühling von seinem langen Winterschlaf erwacht, zerschmettert er das Eis der Flüsse und türmt es zu hohen Blöcken. Ein besonderes Vergnügen macht es ihm, Mühlräder zu demolieren. Wenn er aber guter Laune ist, treibt er auch seine Fischherden den Fischern ins Netz und warnt die Menschen vor drohendem Hochwasser. Die Hebamme, die mit ihm geht, wird in Gold und Silber reich entlohnt. Seine schönen Töchter, groß, blaß und mit einem Anflug von Traurigkeit, in durchsichtigen grünen Gewändern, quälen und peinigen die Ertrunkenen.  - Joseph Campbell, Der Heros in tausend Gestalten.  Frankfurt am Main 1978 (st 424, zuerst 1949)
 
 

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