Die Wanderratten Es gibt zwei Sorten Ratten: Sie wandern viel tausend Meilen, Sie klimmen wohl über die Höhen, Es haben diese Käuze Die radikale Rotte Der sinnliche Rattenhaufen, So eine wilde Ratze, Die Wanderratten, o wehe! O wehe! wir sind verloren, Die Bürgerschaft greift zu den Waffen, Nicht Glockengeläute, nicht Pfaffengebete, Heut helfen euch nicht die Wortgespinste Im hungrigen Magen Eingang finden Ein schweigender Stockfisch, in Butter gesotten, |
- Heinrich Heine
Wanderratten
(2) Der Wanderratte gedenkt, wie es scheint, schon Älian,
der von Einwanderung der »kaspischen Maus« spricht; sie stammt wohl aus Indien
oder Persien, setzt 1727 bei Astrachan über die Wolga und wurde 1732 aus Indien
nach England verschleppt. 1750 erschien sie in Ostpreußen, 1753 in Paris, 1780
war sie in Deutschland überall häufig, in der Schweiz aber erschien sie erst
1809. Nach Nordamerika gelangte sie 1755. Gegenwärtig findet sie sich überall,
wo nur Handelsverbindungen mit Europa bestehen, and bewohnt Häuser, Ställe,
auch Höhlen an den Ufern langsam fließender Gewässer. Sie klettert und schwimmt
sehr gut, erwürgt junge Gänse, Enten und Küchelchen, junge Kaninchen, Tauben,
mitunter sogar alte Hühner; sie frißt fetten Schweinen und brütenden Truthennen
Löcher in den Leib, und auch kleine Kinder frißt sie an; an Getreide, Kartoffeln,
Obst etc. richtet sie in Kellern und Kammern den empfindlichsten Schaden an.
Sperrt man eine Gesellschaft von Wanderratten zusammen, so frißt eine die andere
auf. Wo sie einrückt, verschwinden alsbald die Hausratten, denn sie werden unbarmherzig
von ihr niedergemacht. Die R. leben gern gesellig, kriechen oft in einem gemeinsamen
Nest zusammen, fressen aber eine krepierte Genossin sofort auf. - Georg
Eyring, nach: Der Rabe 38, Zürich 1993
|
||
|
||