alfang   Mit einem eleganten Schwanzschlag näherte er sich weiter der Insel und verharrte dann, nach der Gefährtin lauschend, reglos im Wasser. Er vernahm ein leises Rumoren.

Jetzt bekam sie endlich ihr Junges.

Eine kleine Kondenswassersäule zeigte ihm, wo sie war, unweit des gelben Strandes mit den im Wind sich neigenden Palmen.

»Hei-ho!« rief ein Mensch.

Er sandte ihr unter Wasser einen Warnlaut zu. Menschenstimmen hatte er schon oft gehört, jedesmal anders, aber auch immer wieder gleich. Er sah, wie sie sich unter Wasser wand, das Junge halb schon draußen. Die Menschen stießen jetzt ein Boot ins Wasser und kreischten schrill. Als er den Kopf hob, sah er den ersten Speer fliegen.

Sie quälte sich ihm entgegen, suchte das tiefere Wasser. Aus ihrem Rücken ragte ein Speer. Er tauchte unter und rammte das Boot von unten an seinem spitzen Bug, daß es sich überschlug. Dabei traf ihn ein Speer kurz vor der Fluke.

Die Menschen waren jetzt im Wasser, alle mit Speeren bewaffnet, und umzingelten watend und schwimmend seine Gefährtin. Der Wal schoß auf sie zu und zerquetschte zwei von ihnen zwischen seinen Lippen.

Schreie ertönten. Blut färbte das Wasser.

Ein Speer bohrte sich in seine Stirn und blieb stecken. Menschen zerrten seine Gefährtin an den Strand. Andere gingen jetzt auf ihn los.

Der Wal holte zu einem gezielten Schwanzschlag aus, ein Menschenkörper flog hoch in die Luft und zerbarst, Blut regnete aufs Meer. Mit aufgerissenem Maul warf der Wal sich herum: Ein kleiner Mensch und die unteren Gliedmaßen eines zweiten berührten seine Lippen und wurden im nächsten Moment zermalmt. Der Wal drückte die Zunge hoch und spie das Gemisch von blutigem Menschenfleisch und Meerwasser aus. Er war mit Speeren gespickt und suchte jetzt das tiefere Wasser, hob noch einmal den Kopf, um soviel Luft zu holen, wie er mit einem Atemzug bekommen konnte, und tauchte. - Patricia Highsmith, Geschichten von natürlichen und unnatürlichen Katastrophen. Zürich 1990

Walfang (2) Wie zur Vergeltung krachten Kanonen, doch die Harpunen konnten ebensogut einen Mann im Wasser treffen wie den wild um sich schlagenden Wal, der keine Richtung mehr kannte und auch keine Vorstellung mehr von dem Ring hatte, der ihn umgab.

Der Wal griff blindlings an. Und immer noch explodierten Minen, wo er zuschlug.

Dann traf ihn eine Harpune. Sie zerfetzte ihn innerlich, und er wand sich im Todesschmerz und schluckte Wasser.

Auf dem Schiff, das die Harpune abgefeuert hatte, setzte die Winde sich in Bewegung und zog den sterbenden Wal heran. Fast lautlos stieß der tödlich verwundete Riese an die Bordwand, dann unterbrach ein furchtbarer Knall das Freudengeheul der Seeleute. Das schöne Messinggeländer auf dem Schandeckel, der ganze Stolz des japanischen Kapitäns, zersprang vor den Augen des Mannes an der Winde, das Deck wölbte sich, barst und schnellte ihm ins Gesicht. Sekunden später glitt er ins kalte Meer.

Es gab von dem Wal nichts mehr zu erbeuten, nichts zu verwerten. Sein Schwanz war abgerissen, seine Organe von einer zweiten Harpune zerfetzt. Sein schwerer Kopf voller Spermöl, vor der Ära der Erdölprodukte das Wertvollste an einem Wal, hatte sich von der Wirbelsäule gelöst und sank ganz langsam in die Tiefe, und von den Menschen, die ihn hätten sehen können, schaute keiner hin. - Patricia Highsmith, Geschichten von natürlichen und unnatürlichen Katastrophen. Zürich 1990

Walfang (3)

- N. N.

 

Wal Jagd

 

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