ahrnehmung,
abnorme Einen Beweis, daß die angeblichen Sinnesfunktionen
paradoxer [gebrauchsfremder] Theile es nicht eigentlich sind, und daß hier nicht,
mittelst physischer Einwirkung der Lichtstrahlen, gesehn wird, giebt der Umstand,
daß der erwähnte Knabe Kiesers mit den Zehen las, auch wann er dicke wollene
Strümpfe anhatte, und mit den Fingerspitzen nur dann sah, wann er es ausdrücklich
wollte, übrigens in der Stube, mit den Händen voraus, herumtappte: Dasselbe
bestätigt seine eigene Aussage über diese abnormen Wahrnehmungen: »Er nannte
dies nie Sehn, sondern auf die Frage, wie er denn wisse, was da vorgehe, antwortete
er, er wisse es eben, das sei ja das Neue.« Eben so beschreibt, in Kiesers Archiv,
eine Somnambule ihre Wahrnehmung als »ein Sehn, das kein Sehn ist, ein unmittelbares
Sehn.« In der »Geschichte der hellsehenden Auguste Müller«, Stuttgart 1818,
wird berichtet: »Sie sieht vollkommen hell und erkennt alle Personen und
Gegenstände m der dichtesten Finsterniß, wo es uns unmöglich wäre, die Hand
vor den Augen zu unterscheiden.« Das Selbe belegt, hinsichtlich des Hörens der
Somnambulen, Kiesers Aussage, daß wollene Schnüre vorzüglich gute Leiter des
Schalles seien, - während Wolle bekanntlich der allerschlechteste Schallleiter
ist. Besonders belehrend aber ist, über diesen Punkt, folgende Stelle aus dem
eben erwähnten Buch über die Auguste Müller: »Merkwürdig ist, was jedoch auch
bei andern Somnambulen beobachtet wird, daß sie von Allem, was unter Personen
im Zimmer, selbst dicht neben ihr, gesprochen wird, wenn die Rede nicht unmittelbar
an sie gerichtet ist, durchaus nichts hört; jedes, auch noch so leise, an sie
gerichtete Wort hingegen, selbst wenn mehrere Personen bunt durch einander sprechen,
bestimmt versteht und beantwortet. Auf die selbe Art verhalt es sich mit dem
Vorlesen: wenn die ihr vorlesende Person an etwas Anderes, als an die Lektüre
denkt, so wird sie von ihr nicht gehört«. - Ferner heißt es: »Ihr Hören ist
kein Hören auf dem gewöhnlichen Wege durch das Ohr: denn man kann dieses fest
zudrücken, ohne daß es ihr Hören hindert.« - Desgleichen wird in den »Mittheilungen
aus dem Schlafleben der Somnambule Auguste K. in Dresden«, 1843, wiederholentlich
angeführt, daß sie zu Zeiten ganz allein durch die Handfläche, und zwar das
lautlose, durch bloße Bewegung der Lippen Gesprochene, hörte: S. 32 warnt sie
selbst, daß man dies nicht für ein Hören im wörtlichen Sinne halten solle.
Demnach ist, bei Somnambulen jeder Art, durchaus nicht von sinnlichen Wahrnehmungen
im eigentlichen Verstande des Wortes die Rede; sondern ihr Wahrnehmen ist ein
unmittelbares Wahrträumen, geschieht also durch das so räthselhafte Traumorgan.
- Schopenhauer, Versuch
über Geistersehn und was damit zusammenhängt,
nach (schop)
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