Wärme, menschliche    Als Carvalho an die Theke trat und sich einen carajillo* bestellte, fühlte er augenblicklich menschliche Wärme über seiner rechten Schulter. Er wandte sich um und sah ein Mädchen vor sich, so heruntergekommen, daß sie nur noch eine Erinnerung ihrer selbst schien. Ein graues Gesicht, die Haut gespannt über gut proportionierte Knochen, die unbarmherzig den Totenschädcl vorausahnen ließen. Auf der Stirn die verkrustete Spur eines Schlags. Eins ihrer Augen trug tiefste Trauer.

«Caballero, hätten Sie zu dieser frühen Stunde nicht Appetit auf einen literarischen Fick mit mir?»

«Welche literarische Richtung?»

«Genre oder Art?»

«Spielt keine Rolle.»

«Zum Beispiel ein Fick in der Art von Baudelaire

«Poesie macht mir keinen Steifen

«Was die Poesie nicht schafft, das mache ich.»

«An welcher Fakultät hast du studiert?»

«An der Fakultät für Fellationswissenschaften. Wissen Sie, was Fellatio ist?»

«Es ist schon so lange her, daß ich studiert habe...»

«Schwanzlutschen

Schwanzlutschen, überlegte Carvalho, als versuche er, den vieldeutigen Sinn eines geheimnisvollen Wortes zu ergründen.

«Um diese Zeit mache ich es noch billig. Später wird's teurer.»

«Du bist eine schlechte Geschäftsfrau. Um diese Zeit solltest du es teurer machen, du hast weniger Konkurrenz

Die Intellektuelle war schlecht gelaunt, denn sie wurde zickig und sagte: «Verarsch mich nicht! Willst du oder willst du nicht?»  - Manuel Vázquez Montalbán, Schuß aus dem Hinterhalt. Reinbek bei Hamburg 1990

* Kaffee und Cognac

 

Wärme

 

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