achsamkeit   Es träumte jemand, der sich verlobt hatte und in Kürze Hochzeit feiern wollte, er reite auf einem Widder und falle kopfüber von ihm herab. Man legte ihm das Gesicht dahin aus, daß seine künftige Frau huren und ihm nach dem Sprichwort Hörner aufsetzen werde. Und so endete es auch. Wegen der üblen Vorbedeutung des Traumerlebnisses lehnte er die Heirat ab, schließlich ließ er sich aber doch mit Mühe und Not von seinen Freunden überreden und ehelichte kurze Zeit danach die, mit welcher er sich zuvor verlobt hatte. Aus Furcht vor dem Traumgesicht ließ er seine Frau nicht aus den Augen und lebte im Gefühl völliger Sicherheit dahin. Seine Frau blieb ein ganzes Jahr hindurch ohne Makel, da starb sie. Er heiratete nun eine andere Frau, in dem Glauben, daß das Traumgesicht sich bereits erfüllt habe; da aber traf ihn das Unglück; denn seine zweite Frau trieb die Hurerei bis zum äußersten.- (art)

Wachsamkeit  (2)  Durch die entlegensten Gassen und Gäßchen rasselte  ein höchst sonderbares Fuhrwerk, das näher zu bestimmen nicht ohne weiteres möglich gewesen wäre. Es war weder einem Reisewagen noch einer Kutsche oder Droschke ähnlich, sondern glich eher einer pausbäckigen, ausgebauchten Wassermelone, die man auf Räder gesetzt hatte. Die Backen dieser Melone, das heißt die Wagentüren, die noch Spuren eines gelben Anstrichs zeigten, schlössen nur mangelhaft infolge des verwahrlosten Zustandes der Türklinken  und  Schlösser,  die  nur  von  Schnüren  notdürftig zusammengehalten   wurden.   Die   Wassermelone   war   mit Kattunkopfkissen, die an Tabaksbeutel, Polster oder Walzen erinnerten, und mit Säcken voll Brot, Semmeln, Wecken, Kipfeln, Kringeln und anderem Hefegebäck beladen. Ganz oben guckten sogar zwei große Piroggen heraus - eine gesalzene und eine mit gebratenem Huhn gefüllte. Das Trittbrett wurde von einem schon ergrauten, unrasierten Subjekt eingenommen, das offenbar aus dem Lakaienstande hervorgegangen war, eine hausgewebte Jacke trug und zu jenen Geschöpfen gehörte, die einfach »junger Mann« genannt wurden. Das Rasseln und Klirren der verrosteten Schrauben und sonstigen eisernen Bestandteile des  Fuhrwerks  weckten den Nachtwächter  am entgegengesetzten Ende  der  Stadt,  der  noch ziemlich verschlafen nach seiner Hellebarde griff und dann aus Leibeskräften »Wer da?« brüllte. Als er jedoch niemand sehen konnte, aber das Geräusch unverändert anhielt, beruhigte er sich wieder, erwischte ein Tierchen, das auf seinem Mantelaufschlag saß, und vollzog auf der Stelle im Scheine einer Laterne die Hinrichtung des Insekts mit seinem Daumennagel, worauf er die Hellebarde befriedigt wegstellte und nach den Gepflogenheiten seiner Zunft sogleich wieder einschlief. - Nikolaj Gogol, Die toten Seelen. München 1965 (zuerst 1842)

Wachsamkeit  (3, revolutionäre)

Wachsamkeit  (4)  Ich schlief, aber ich habe gelernt, mit einem Arm wach zu bleiben, indem ich ihn aushänge. Wenn man ins Bett geht und kurz vor dem Einschlafen ist, braucht man nur zu denken, der Arm ist der Schwanz einer Eidechse, der sich, selbst wenn er sich vom Körper loslöst und auf die Erde fällt, allein weiterbewegt wie ein Schlänglein und auf eigene Faust zum Beispiel mit einem Raubtier kämpft.

Das kann der Arm auch, aber er hat viel mehr Möglichkeiten, und er hat auch einen Intelligenzvorrat, der zehntausendmal größer ist. Wenn ich also die Augen zumache und schlafe, dann übernimmt der Arm die Wache, und wenn er Schatten hört, die in der Nähe des Bettes heurmstreichen, dann teilt er einige Schläge nach links und einige nach rechts aus, oft auch sehr kräftige. Und wenn er die Eage als zu gefährlich einschätzt und er schon alles versucht hat, dann weckt er mich auf.

Aber das ist der letzte Ausweg, und ehe es so weit kommt, ruft er den anderen Arm und die Beine zu Hilfe, die mit derselben Fertigkeit Fußtritte nach allen Seiten austeilen, immer wieder, so daß einer, den sie treffen, ziemlich übel zugerichtet wird.

Sie wissen doch, wie Pferde oder Esel sind, wenn sie scheuen und Sprünge machen wie eine Feder und gefährlich ausschlagen, wenn ihnen einer nahekommen will? So ist es in manchen Nächten, daß ich im Halbschlaf merke, wie Fußtritte, Schläge, Fausthiebe durch die Luft sausen, ich merke, wie Beine und Arme zusammen wilde Kämpfe und große Schlachten bestehen. Also kann ich nun an jedem beliebigen Ort getrost schlafen. Und wenn ein Feind auch auf leisen Sohlen naht und mich rücklings angreift, der Arm schlägt automatisch los und pariert den ersten Schlag, auch wenn er tödlich wäre; dann liefert er einige kleine Gefechte, um andere Angriffe zurückzuschlagen, und wenn nötig gibt er mit dem Fuß einen letzten Tritt.  - (mond)

 

Paranoia Vorsicht

 

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