orstellungsgespräch  Er nahm mich mit in sein Büro. Ich sang und wackelte für ihn mit dem Hintern; er meinte, ich sei in Ordnung, aber im Moment sei nichts frei. Dann zwinkerte er mir zu und fragte mich, wie es denn damit stünde - Sie wissen schon -, ich könnte mir schnell zehn Dollar verdienen. Ich sagte ihm, es wäre unmöglich. Er bot mir zwanzig an, und ich sagte wieder nein. Und nannte ihm den Grund, denn ich wollte ihm keinen schmutzigen Streich spielen. Er war sehr dankbar. Meinte, daß die meisten jungen Frauen in meiner Lage das Geld genommen hätten und es ihnen egal gewesen wäre, ob sie einem armen Hundesohn den Tripper angehängt hätten. (So hat er sich ausgedrückt, und ich wiederhole es nur wörtlich, denn ich will die ganze Wahrheit sagen und nichts auslassen. Nicht mehr, als ich muß. Ich selbst benutze solche Worte nicht.)

Er war so dankbar, weil ich es ihm gesagt hatte, daß er mir doch eine Anstellung gab. Er mußte eine andere Frau rauswerfen, und das tat mir natürlich leid. Aber sie war  wirklich zu alt für diese Arbeit. Ich sagte es ihr auch, als sie anfing, mich zu verfluchen. Und dann war sie sehr schnell ruhig.

Ich ging sofort zum Arzt - sobald ich mein erstes Geld verdient hatte. Er kurierte mich schnell, und von da an hat sich alles ganz nett entwickelt.   - (thom)

Vorstellungsgespräch (2)   Ich sage ihm, daß ich Juan D. heiße, daß ich bereits das dreißigste Lebensjahr vollendet habe, daß mein Vater gestorben sei, als ich noch ein kleines Kind war und daß ich mit einer Mutter zusammenlebe, die mich vergöttert, mir jedoch das Leben zur Hölle macht.

Krugger wirft einen kurzen Blick in die Akte und fragt, wie es möglich sei, daß ich noch nicht einmal die Grundschule zu Ende besucht habe. Ich sage ihm, daß meine Mutter mich vor der Vollendung meines achten Lebensjahres aus der Schule genommen habe, um mich von den anderen Kindern zu befreien, die sich einen Spaß daraus machten, meine Hefte zu zerreißen und mich mit dem Zirkel zu stechen. Von da an habe sie persönlich für meine Erziehung gesorgt, wobei sie dieselben Bücher benutzte, die ich auch in der Schule benutzt hätte, ihnen möglicherweise jedoch eine recht persönliche Interpretation angedeihen ließ.

Er erkundigt sich nach meiner letzten Anstellung. Eine allgemein übliche Frage. Ich gestehe ihm, daß ich noch nie gearbeitet habe, und er wundert sich, daß es in diesen Zeiten einen Mann gibt, der dreißig Jahre lang überlebt hat, ohne arbeiten zu müssen. Ich ent-

gegne ihm, daß er nicht so überrascht wäre, wenn er das zwanghafte Bedürfnis meiner Mutter kennen würde, mich ständig an ihren Rockschößen hängen zu sehen. In einem gewissen Sinne (sage ich ihm) trägt sie die Schuld daran, daß ich nicht eher gearbeitet habe.

Allmählich begreift er, daß meine Mutter eine wichtige Rolle in meinem Leben spielt. - Javier Tomeo, Mütter und Söhne. Ein Roman über Monster. Berlin 1986

Vorstellungsgespräch (3)

- N.N.

 

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