orsteher Der Polizeireviervorsteher schickte sich eben an, nach den Kämpfen und Kniffligkeiten des Lebens die Annehmlichkeiten des Friedens zu genießen.
Kowalew kam gerade in dem Augenblick zu ihm, als er sich räkelte, gähnte
und sagte: »Ach, jetzt werde ich erst einmal zwei Stündlein herrlich schlafen!«
Hieraus sieht man, daß die Ankunft des Kollegienassessors zu einem außerordentlich
ungünstigen Zeitpunkt erfolgte; und ich kann nicht einmal sagen, ob der Vorsteher
ihn freundlicher empfangen hätte, wenn jener jetzt mit einigen Pfund Tee oder
ein paar Ellen Tuch angekommen wäre. Der Vorsteher war ein großer Förderer aller
Künste und Handwerke, doch eine Banknote zog er allen anderen Dingen vor. »Das
ist ein Ding«, sagte er gewöhnlich, »es gibt nichts Besseres als solch ein Ding:
es verlangt nichts zu essen, nimmt wenig Platz ein, läßt sich stets in einer
Tasche unterbringen, und wenn es dir hinunterfällt, zerbricht es nicht.« - Nikolaj Gogol, Die
Nase. In: N.G., Sämtliche Erzählungen. Stuttgart u. Hamburg 1961
Vorsteher (2) Die Wazaramo-Häuptlinge
sind nur dann mächtig, wenn sie durch ihren Reichtum oder ihre persönlichen
Qualitäten den Respekt ihrer aufmüpfigen republikanischen Untertanen gewinnen.
Es gibt ganze fünf Klassen innerhalb dieses vererbten Herrschaftsstandes. Der
P'hazi ist der Vorsteher des Dorfes, und der Mwene Goha ist sein erster Berater,
und unter diesen beiden walten drei Altestenstände, die kinyongoni, die chúma
und die kâwâmbwâ. Der Vorsteher muß - es sei denn, er zählt zu den ungewöhnlich
einflußreichen - das von Reisenden erpreßte Schutzgeld mit seinen ›Ministern‹
teilen. Einer der Häuptlinge hatte den etwas seltsamen Namen Chomwi la Mtu Mku
Wambele oder Der Vorsteher Großer Mann des Vorrangs; diese kleinen Jugurthas
verkleiden die Macht eines Landjunkers mit einem kaiserlichem Titel. Sein erlauchtes
Prinzip war es, sich niemals nüchtern in der Öffentlichkeit zu zeigen. Der P'hazi
füllt normalerweise ein ganzes kleines Dorf mit seinen Ehefrauen und den jeweiligen
Familien; auch besitzt er große Anwesen und beaufsichtigt persönlich die Arbeit
seiner Sklaventruppen. Er darf seine Untertanen nur bei zwei Vergehen als Sklaven
verkaufen - bei ugoni, Ehebruch, und bei ucháwi, Schwarzer Magie. Letztere Handlung
wird meist mit dem Scheiterhaufen bestraft; in manchen Landesteilen bezeugen
alle paar Meilen Aschehäufchen, mit einigen angekokelten und geschwärzten menschlichen
Knochen und halbverglühten Holzkohlestücken darin, die Tragödien, die sich an
diesen Stellen abgespielt haben müssen. Man kann sich diese Dramen nicht ohne
ein Gefühl des Grauens vorstellen; hier und dort, in unmittelbarer Nähe zu den
größeren Kreisen, wo der Vater und die Mutter verbrannt wurden, zeigt ein kleines
Häufchen, daß ein unglückliches Kind ihr schreckliches Schicksal geteilt hat,
damit es später nicht in die verwerflichen Fußstapfen der Eltern tritt. -
Sir Richard Francis Burton, nach: Ilija Trojanow, Nomade auf vier Kontinenten.
Auf den Spuren von Sir Richard Francis Burton. München 2008 (zuerst 2007)
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