orschicken
Ich schickte Gefährten voraus, die hingehen
und erkunden sollten, welches die Männer seien, die in dem Lande
das Brot äßen, wählte zwei Männer aus und gab einen Herold mit
als dritten. Die stiegen aus und gingen einen ebenen Weg, auf
welchem Wagen von den hohen Bergen das Holz zur Stadt hinunterführten.
Und trafen eine Jungfrau vor der Stadt, die Wasser holte: die
starke Tochter des Laistrygonen Antiphates. Die war zur Quelle
hinabgestiegen, der schönfließenden: Artakie, denn von dort holten
sie zur Stadt das Wasser. Und sie traten zu ihr heran und redeten
sie an und fragten, wer über die Menschen hier König sei und
über welche er gebiete. Und sie wies ihnen alsogleich das hochbedachte
Haus des Vaters. Doch als sie in die berühmten Häuser gekommen
waren, da fanden sie die Frau, so groß wie das Haupt eines Berges,
und sie entsetzten sich vor ihr. Die aber rief alsbald den berühmten
Antiphates, ihren Gatten, aus der Versammlung. Der sann ihnen
ein trauriges Verderben. Gleich packte er einen von den Gefährten
und bereitete ihn sich zum Mahle, die zwei andern aber eilten
davon und gelangten flüchtend zu den Schiffen. Doch der ließ
den Ruf durch die Stadt ergehen, und sie, als sie ihn vernommen,
kamen herbei, die starken Laistrygonen, der eine von hier-, der
andere von dorther, Zehntausende, nicht Männern
gleichend, sondern Riesen. Die warfen
mit Feldsteinen, von denen jeder einen Mann schwer belastet hätte,
von den Felsen, und alsbald erhob sich ein schlimmes Getöse auf
den Schiffen von Männern, die zugrunde gingen, und Schiffen zugleich,
die zerbrachen. Und wie Fische spießten sie sie auf und trugen
sie mit sich fort zur unlieblichen Mahlzeit. Indessen sie diese
vernichteten im Innern des vieltiefen Hafens, derweil zog ich
das scharfe Schwert von der Hüfte und hieb mit ihm die Haltetaue
des schwarzbugigen Schiffes ab und trieb geschwind meine eigenen
Gefährten und hieß sie sich in die Riemen werfen, daß wir aus
dem Unheil entrinnen möchten. Die wirbelten alle die Salzflut
auf, in der Furcht vor dem Verderben, und glücklich entkam mein
Schiff auf das offene Meer von den überhängenden Felsen. Doch
die andern gingen alle miteinander daselbst zugrunde.
Von dort fuhren wir weiter, betrübten Herzens, froh dem Tode
entronnen, verlustig lieber Gefährten. - (
hom
)
Vorschicken (2) Sie erreichten einen hohen Berg, dessen
Höhe keine Grenze kannte. Dort saß der Kaufmann ab und befahl auch Dschanschâh,
von seinem Maultier abzusteigen. Nachdem dieser das getan hatte, reichte der
Kaufmann dem Jüngling ein Messer und einen Strick
und sprach zu ihm: ,Ich wünsche, daß du dies Maultier schlachtest!' Da schürzte
Dschanschâh seine Kleider, trat an das Maultier heran, legte ihm den Strick
um die vier Beine und warf es zu Boden; darauf nahm er das Messer in die Hand
und schlachtete das Tier, häutete es und schnitt ihm Beine und Kopf ab, so daß
es ein Haufen Fleisches wurde. Der Kaufmann sagte nun zu ihm: ,Ich befehle dir,
schneide ihm den Bauch auf und krieche hinein. Ich will
dich darin einnähen, und nachdem du eine Weile drinnen geblieben bist, sollst
du mir hernach alles berichten, was du in seinem Bauche gesehen hast.' Dschanschâh schnitt
also den Leib des Maultieres auf und kroch hinein; der Kaufmann aber nähte ihn
ein, ließ ihn dort liegen und entfernte sich von ihm. - -«
Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten
Rede an. Doch als die Fünfhundertundsiebente Nacht anbrach, fuhr sie also fort:
»Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß der Kaufmann, nachdem
er Dschanschâh in den Leib des Maultiers eingenäht hatte, ihn verließ und sich
entfernte und sich am Fuße des Berges verbarg. Nach einer Weile schoß ein gewaltig
großer Vogel auf das Maultier herab, packte es und flog davon. Oben auf dem
Berge ließ er sich mit ihm nieder und wollte es auffressen. Doch als Dschanschâh
bemerkte, was der Vogel tat, schlitzte er den Bauch des Maultieres auf und kroch
hinaus. Der Vogel erschrak über seinen Anblick und flog auf und davon. Der Prinz
aber erhob sich auf seine Füße und begann nach rechts und links umherzublicken:
da sah er nichts als Leichen von Männern, die in der Sonne vertrocknet waren,
und wie er solches schauen mußte, sprach er bei sich: ,Es gibt keine Macht und
es gibt keine Majestät außer bei Allah, dem Erhabenen und Allmächtigen!' Dann
spähte er zum Fuße des Berges hinab und sah den Kaufmann dort unten stehen,
wie er nach ihm emporblickte. Kaum ward der Jude seiner gewahr, da rief
er ihm zu: ,Wirf mir von den Steinen herab, die rings um dich liegen; dann will
ich dir einen Weg zeigen, auf dem du herunterkommen kannst!' Da warf Dschanschâh
ihm an die zweihundert Steine hinab, Rubine, Chrysolithe und andere kostbare
Edelsteine ; dann rief er ihm zu:, Wenn du mir jetzt den Weg zeigst, will ich
dir noch einmal so viel hinabwerfen.' Aber der Jude sammelte die Steine, lud
sie auf das Maultier, das er selber geritten hatte, und eilte davon, ohne ein
Wort zu erwidern. So blieb denn Dschanschâh allein oben auf dem Berge. - (
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