ersorger  Erst nachdem sie mich gehenkt hatten, fiel mir ein, daß sie meiner Frau die Rechnung dafür schicken würden. Es war alles so überstürzt gekommen. Ich hatte ganz vergessen, mit ihr darüber zu reden.

Sofort eilte ich auf die Gerichtskanzlei. Tatsächlich saß einer der Bürokraten an der Schreibmaschine und schrieb diese Rechnung von einem Wisch, der neben ihm lag, ab. Der Betrag machte mit allen Nebenspesen RM 706,08 aus. Ich ärgerte mich über diese krumme Summe und ließ den Kopf des Typenhebels für o abbrechen, so daß der Kerl keine Nullen mehr schreiben konnte. Die Bleitype traf ihn am Kinn. Er faßte erschrocken dahin und machte ein so dummes Gesicht, wie es selbst bei solchen Leuten selten ist. Dann fingerte er an der Maschine herum, beschmierte sich die Hände durch das Farbband und gab es schließlich auf. Das heißt, er zog es vor, erst sein Brot auszupacken, das mit Blutwurst belegt war. Er wendete das Brot lange hin und her, ehe er die Seite fand, die ihm am geeignetsten schien, um hineinzubeißen.

Ich hatte mich inzwischen einem alten unrasierten Buchhalter zugewandt. Er buchte zwar nicht gerade meine Rechnung, aber doch so etwas Ahnliches. Ich ließ die Tinte in seinem billigen Füllfederhalter stocken. Er kratzte vergeblich auf der Buchseite, drehte an dem Halter, spritzte ihn aus und kratzte noch einmal. Man sah die Zahlen auf dem Papier wie eingraviert, aber ohne Tinte. »Immer, wenn viel zu tun ist, geht mir die Tinte aus«, stöhnte er und tauchte den Federhalter in eine Flasche, um ihn zu füllen. Dabei rollte der Korken über das Buch und beschmierte die Seite. Er wollte ihn auffangen, machte dabei eine zu hastige Bewegung, so daß auch der Federhalter hinfiel, und die Tinte spritzte umher. Das war zuviel für ihn. Er fluchte laut.

»Was ist denn los?« fragte der an der Schreibmaschine. Der Buchhalter fluchte weiter, gab aber jeden Widerstand auf, holte aus der schäbigen Aktentasche eine Thermosflasche und goß sich in den Schraubdeckel eine braune Flüssigkeit ein. Sein Kollege mit dem Blutwurstbrot gesellte sich zu ihm. »Ist das ein Hundeleben!« seufzten sie beide.

Ich hatte sie schon verlassen. Ich war in den Gängen des Gebäudes auf und ab gegangen. An einigen Türen zögerte ich. Es stand ein Name oder ein Titel daran. Ich wußte, daß die Türen von innen gepolstert waren wie beim Arzt, aber natürlich konnte ich trotzdem hören, was drinnen gesprochen wurde. Doch ich ließ die Sache fallen und ging in den Park.

Auf einer Bank sah ich einen der Unsrigen und setzte mich zu ihm.

»Haben sie dich auch gehenkt?« fragte ich.

»Nein, erschossen«, antwortete er.  - Hans Erich Nossack, Kostenrechnung. In: Ders., Die Erzählungen. Frankfurt am Main 1987 (zuerst 1948)

Versorger (2)  Wie stark Promiskuität ausgeprägt ist, hängt vom sozialen Paarsystem ab. Da gibt es die Form der Polyandrie, wie z. B. bei den Galapagos-Bussarden: Bei ihnen paart sich das Weibchen mit bis zu acht Partnern, obwohl sie schließlich nur ein Ei legt. Ihr Vorteil: Weil jeder Samenspender denkt, er sei der Vater, helfen alle bei der Aufzucht der Brut. - Katja Seefeldt, telepolis 9.April 2007

Versorger (3)  »Haben Sie so etwas schon gehört?« sagte sie. »Ein Schluckauf und er fiel tot um. Irgendwas in seinem Gehirn war geplatzt. Gott behüte einen vor den Unglücksfällen, die passieren können. Er hinterließ ihr mehr als fünfzigtausend Dollar Lebensversicherung. Wie lange kann eine junge Frau warten? Der damalige war ein Arzt, der jetzige ist ein Anwalt - der größte in ganz Amerika. Er hatte einen Blick auf sie geworfen und gesagt: ›Das ist die Frau, auf die ich gewartet habe.‹ Nach sechs Wochen heirateten sie und machten die Hochzeitsreise auf die Bermudas. Er hat ihr einen Ring für zehntausend Dollar gekauft.«

»War er Junggeselle?« fragte Sylvia.

»Er war schon mal verheiratet, aber sie war nicht sein Typ und er ließ sich scheiden. Sie bekommt reichliche Alimente von ihm. Möge sie alles für Medizin ausgeben!« - Isaac Bashevis Singer, Ein Tag in Coney Island. In: I.B.S., Der Kabbalist vom East Broadway. München 1978 (zuerst 1972)

 

Mann

 

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