ersammlung   Kongreß ›Das Freie Wort‹ bei Kroll im großen Festsaal, der ganz voll war. Ich war, ohne mein Wissen, bei der vorbereitenden Versammlung gestern ins Präsidium gewählt worden; saß zwischen dem alten Tönnies und Georg Bernhard. Polizeioberst Lange führte den Vorsitz. Die Versammlung verlief zunächst ruhig. Etwas bewegter wurde sie erst, als der preußische Kultusminister Grimme außerhalb des Programms auf der Rednertribüne erschien, mitteilte, daß die Kundgebung des ›Kulturbundes‹ in der Volksbühne vom Polizeipräsidium unterbrochen worden sei, indem Levetzow zur gleichen Zeit ein Platzkonzert der SA auf dem Bülowplatz genehmigt und deshalb diesen abgesperrt habe, so daß das Publikum keinen Zutritt zur Volksbühne hatte. Laute Pfuirufe!

Dann verlas Grimme eine Botschaft, die Thomas Mann für diese Kulturbund-Kundgebung bestimmt hatte und die mit starkem Gefühl für die deutsche Republik eintrat, ihr dabei aber nicht den Vorwurf ersparte, durch ihre Gutmütigkeit den jetzigen Zustand herbeigeführt zu haben. Dieser Passus wurde von der Versammlung am stärksten beklatscht. Dann hielt der alte Tönnies eine geschichtspolitische Vorlesung in seinen Bart hinein, die die Versammlung wieder einschläferte, obwohl er privatim mir gegenüber mit dem stärksten Temperament und den schärfsten Ausdrücken gegen Hitler losgezogen war: er nenne ihn nur H. W. und erläuterte die beiden Buchstaben als ›Hans Wurst‹. Er sei der unwissendste junge Mann, der ihm in seiner Laufbahn vorgekommen sei.

Nach Tönnies ergriff Heine das Wort und legte gleich mit den schärfsten Ausdrücken los, mit beißendem Hohn und ätzender Ironie. Ich sagte Bernhard, jetzt werde die Versammlung aufgelöst werden. Und richtig: Als Heine davon sprach, daß die neuerliche Bekehrung der Nazis zum Christentum vielleicht darauf zurückzuführen sei, daß in Palästina in einem zweitausend Jahre alten Grab kürzlich ein Hakenkreuz gefunden worden sei, trat der Polizeioffizier an Lange heran und erklärte die Versammlung für aufgelöst.  - Harry Graf Kessler, Tagebücher 1918 - 1937 (Berlin 19. februar 1933). Frankfurt am Main 1982 (it 659)

Versammlung  (2)

- Thomas Rowlandson

Versammlung  (3)  Eine Horde von Mullahs und Muftis und Musseins und Caids und Glaouis und Scheichs und Sultans und Heiligen Männern und Vertretern aller erdenklichen arabischen Parteien bildet das Fußvolk und erscheint zu den Versammlungen, von denen sich die höheren Chargen in weiser Voraussicht fernhalten. Obwohl die Delegierten am Eingang gründlich abgetastet werden, kommt es bei diesen Zusammenkünften immer wieder zu gewalttätigen Ausschreitungen. Oft werden Redner mit Benzin übergossen und verbrannt, oder irgend ein ruppiger Wüstenscheich nimmt seine Gegner mit einem Maschinengewehr unter Beschüß, das er im Bauch seines Lieblingsschafes eingeschmuggelt hat. Nationalistische Märtyrer mit Handgranaten im Arsch mischen sich unter die Teilnehmer der Versammlung und fliegen plötzlich in die Luft, was regelmäßig zu schweren Verlusten führt... Und einmal warf Präsident Ra den britischen Premierminister zu Boden und nahm ihn gewaltsam von hinten. Die gesamte arabische Welt konnte das Spektakel am Bildschirm verfolgen. Das Freudengeheul war noch in Stockholm zu hören.  - (lun)
 
 

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