erleumdung  Man könnte sagen, daß die menschliche Seele dazu geschaffen ist, den Einflüssen der Verleumdung zu unterliegen. Auch der unbedeutendste Keim findet in ihr nahrhaften Boden. Kunstgerecht ausgesät, vermag ein schlichter Verdacht, die winzigste üble Nachrede, die lächerlichste Kleinigkeit einen Menschen in den Augen eines anderen herabzuwürdigen, ohne daß dieser sich dessen erwehren kann, so rasch schleicht sich ein böser Verdacht in den Geist ein und findet in ihm bereits vorbereitetes Terrain.

Wieviel wirkungsvoller muß es dann wohl sein, wenn man ganz parteiisch und mit Berechnung die heftig wirkende Substanz der Verleumdung einsetzt!

Sie verwandelt einen guten Leumund, Wertschätzung, Freundschaft mit derselben Raschheit, wie eine zersetzende Flüssigkeit die Farbe und das Gewebe eines leichten Stoffs angreift.

Wer sie jedoch nach den Regeln der Kunst betreibt, verabreicht das Gift immer nur in kleinsten Dosen, damit man es noch verdauen kann.

Grobe Bezichtigungen sind allenfalls für plumpe Naturen geeignet; bei Hof findet die Verleumdung allerdings nur dann Gehör, wenn die Verdächtigung eine gewisse Wahrscheinlichkeit besitzt, wie auch durch die unmerkliche Kunstfertigkeit, mit der sie verteilt wird. Man beginnt mit Kleinigkeiten, um unauffällig bis zu den großen Dingen vorzudringen.

Es genügt mitunter eine einzige absichtliche Unterlassung, um gleich danach den Eindruck zu verwischen. Die ersten Fundamente eines Verdachts sind gelegt, der später mit erstaunlicher Geschwindigkeit wachsen wird, wenn der Moment seiner Ausbreitung gekommen ist.

Dem Könner obliegt es, diesen ersten Einfluß zu beobachten, den Weg zu taxieren, den er nehmen könnte, und im günstigen Augenblick eine zweite Dosis zu verabreichen.

Die Verleumdung ist jedoch äußerst schwer zu handhaben; wenn man nämlich die Sympathie oder Wertschätzung eines Menschen zu einem anderen in ihr Gegenteil verkehren möchte, kommt man nicht umhin, einem der beiden ein herabsetzendes Vorgehen oder Handeln anzudichten, was eine Verletzung der Eitelkeit zur Folge hat. Wer solches unternimmt, läuft Gefahr, daß ein Teil der Abneigung, die er gegen den anderen bewirken möchte, auf ihn selbst zurückfällt. Außerst heikel.

Auch erlebt man recht häufig, daß eine Verleumdung mit übertriebenen Lobreden, die ein wenig unwahrscheinlich Hingen, eröffnet wird, deren Aufgabe es ist, ein Gefühl des Argwohns zu wecken, sie sind etwas wie eine indirekte Warnung.

Die übertriebene Lobrede auf einen Dritten erregt Eifersucht, das wäre der erste Punkt. Wenn sie dies nicht erreichen kann, so bietet sie Anlaß, entweder das Motiv für die Lobrede zu definieren oder sich den Gegenstand etwas genauer anzusehen, eine Untersuchung, die immer dem gefährlich werden kann, der ihr unterliegt.

Ausgesprochen günstig ist im Spiel der Verleumdung, daß die Person, deren Innerstes mit einem Verdacht verletzt wurde, selten um Aufklärung bemüht ist. Man ist bereits schuldig, bevor das Urteil ergangen ist. Die Verletzung ist bereits geschehen, bevor man das Geschoß untersucht hat. - (joli)

Verleumdung (2) Das Bewußtsein gefallener oder kranker Schriftsteller verleumdet ihr Talent; sie fühlen dann ihre Schwäche, fühlen aber nicht mehr ihre Stärke.  - (jou)

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Nachrede, übleLüge
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