ereinsstatut  1. Es gibt keinen Unterschied zwischen den einzelnen Mitgliedern der Gesellschaft. Bewahre, daß sie alle Menschen für gleich erklärt vor ihren Augen. Sie ist weit entfernt von diesem Volksvorurteil, welches Schwäche und falsche Philosophie geschaffen. Jedoch ist sie überzeugt, daß jeder Unterschied störend wäre bei den Vergnügungen der Gesellschaft und daß sie daselbst früher oder später störend würde.

2. Die Person, welche aufgenommen werden will, muß jeglicher Religion, welcher Art sie auch sei, entsagen. Sie muß sich auf Proben gefaßt machen, welche ihre Mißachtung für diese menschlichen Kulte und deren phantastische Objekte bezeugen. Die kleinste Rückkehr zu diesen Dummheiten wird mit sofortigem Ausschluß bestraft.

3. Die Gesellschaft leugnet Gott. Man muß einen Beweis seines Atheismus liefern, um eintreten zu können. Der einzige Gott, den die Gesellschaft kennt, ist die Lust. Sie opfert alles diesem Gotte. Sie billigt alle denkbaren Lüste, sie heißt alles gut, was entzückt. Alle Wollüste sind in ihrer Mitte geheiligt. Es gibt keine, der sie Weihrauch streut, keine, die sie vorzieht oder protegiert.

4. Die Gesellschaft zerstört alle Banden der Ehe und vermischt die des Blutes. Die Wollust in den Räumen der Vereinigung kennt keinen Unterschied, man ergötze sich an der Frau des Nachbarn wie an seiner eigenen, an seinem Bruder, seiner Schwester, seinen Kindern, seinen Enkeln, sowie an den der anderen. Der kleinste Widerstand gegen diese Regeln wird mit Ausschluß gestraft.

5. Ein Mann muß auch seine Frau, ein Vater seine Kinder, ein Bruder seine Schwester usw. aufnehmen lassen.

6. Es wird niemand aufgenommen, der nicht nachweist, daß er wenigstens fünfundzwanzigtausend Livres Rente hat, nachdem die jährlichen Ausgaben zehntausend Frank per Person betragen. Aus diesen Beiträgen werden alle Ausgaben der Haushaltung bestritten: Miete, Serails, Wagen, Bureaus, Versammlungen, Diners und Feste. Wenn der Schatzmeister am Ende des Jahres Geld übrig hat, so wird es unter die Mitglieder verteilt. Wenn die Ausgaben die Einnahmen überschreiten, so wird das Defizit aufgeteilt und so dem Schatzmeister wiedererstattet, dem auf bloßes Wort hin geglaubt'wird.

7. Zwanzig Künstler und Schriftsteller werden gegen die ermäßigte Gebühr von tausend Livres jährlich aufgenommen. Die Gesellschaft, welche die Künste unterstützt, gesteht diesen diese Ausnahme zu. Leider kann sie nicht eine größere Anzahl solcher Männer bei ermäßigtem Beitrag aufnehmen, trotzdem sie sie immer hochschätzen wird.

8. Die Freunde der Gesellschaft, vereinigt wie im Familienkreise, teilen Freud und Leid. Sie helfen sich gegenseitig in allen Lebenslagen. Aber alle Almosen, Wohltaten an Witwen, Waisen oder Armen sind strengstens verpönt, sowohl in der Gesellschaft als den Mitgliedern der Gesellschaft gegenüber. Jedes auch nur diesbezüglich in Verdacht stehendes Mitglied wird sofort ausgeschlossen.

9. Es wird stets ein Fond von dreißigtausend Livres in Bereitschaft sein zur Verfügung von Mitgliedern, welche durch Unglück in eine mißliche Lage geraten.

10. Der Präsident wird gewählt und ist nur immer einen Monat im Amt. Er wird abwechselnd von einem Geschlecht und dem anderen genommen und präsidiert zwölf Versammlungen (wöchentlich vier). Sein einziger Zweck ist, den Gesetzen der Gesellschaft Folgsamkeit zu verschaffen und die Korrespondenz aufrechtzuhalten, für die ein Komitee unter seinem Vorsitz eingesetzt ist. Der Schatzmeister und die zwei Sekretäre sind Mitglieder; die Sekretäre werden jeden Monat wie der Präsident frisch gewählt.

11. Jede Sitzung wird mit einem Vortrag eröffnet. Der Inhalt dieser Vorträge muß immer gegen Religion oder Sitte sein. Wenn er es verdient, wird er auf Kosten der Gesellschaft gedruckt und ins Archiv eingereiht.

12. Während der Stunden, die der Wollust gewidmet sind, müssen alle Brüder und Schwestern nackt sein. Sie mischen sich und genießen ohne Unterschied, und niemals darf sich ein Mitglied durch eine Weigerung der Lust eines anderen entziehen. Der Gewählte muß sich zu allem hergeben, muß alles tun. Hat er doch im nächsten Moment dieselben Rechte. Ein Mitglied, welches sich den Freuden seiner Brüder verweigert, wird mit Gewalt dazu verhalten und dann davongejagt.

13. In der öffentlichen Versammlung ist keine Grausamkeit gestattet mit Ausnahme der Rute auf den Hintern. Für die wilden Lüste gibt es Serails, angebaut an die Gesellschaft, und dort kann man ihnen freien Lauf lassen. Aber unter Brüdern soll es nur schwelgerische, blutschänderische, sodomitische, süße Lüste geben.

14. Das größte Vertrauen soll unter den Brüdern herrschen. Sie sollen sich untereinander ihren Geschmack, ihre Schwächen eingestehen, sich an dem Vertrauen erfreuen und darin eine neue Quelle der Lust finden. Ein Mitglied, das die Geheimnisse der Gesellschaft verrät oder einem anderen Mitglied seine Fehler oder seine Neigungen, die Quelle seiner Wollust, vorwerfen würde, wird sofort ausgeschlossen.

15. Neben der öffentlichen Vergnügungshalle sind geheime Kabinette, wohin man sich zurückziehen kann, um sich allen Ausschweifungen der Wollust hinzugeben. Man kann in beliebiger Anzahl eintreten. Dort findet man alles Nötige. In jedem Kabinett ist ein Knabe oder ein junges Mädchen, allen Lüsten der Mitglieder zu Willen, ja sogar auch denen, welche nur im Serail erlaubt sind. Weil diese Kinder zu der Klasse gehören, welche in die Serails kommen und deshalb auch so wie diese behandelt werden können.

16. Alle Ausschweifungen der Tafel sind gestattet, jeder Bruder findet dazu alle Hilfe und Unterstützung.

17. Keinerlei öffentliche Schande, juristische Verurteilung hindert die Aufnahme. Alles, was vom Verbrechen kommt, ist bei unseren Prinzipien willkommen. Diese Personen, ausgestoßen von der Menschheit, finden in der Gesellschaft Freude und Trost, und man wird sie schätzen: Je verachteter ein Mensch draußen, um so beliebter in der Gesellschaft. Leute dieses Schlages werden am Tage ihres Eintrittes zu Präsidenten gewählt und ohne Noviziat in die Serails zugelassen.

18. Es gibt eine öffentliche Beichte anläßlich der vier großen Generalversammlungen, welche zur Zeit der vier großen katholischen Feste abgehalten werden. Hierbei muß jeder laut und verständlich alles, was er getan, gestehen. Ist sein Lebenswandel rein, so wird er getadelt. Ist er ausschweifend, wird er mit Lob behäuft. Ist er schrecklich gespickt mit Schandtaten und Greuel, so wird er belohnt; aber er muß Zeugen dafür bringen. Die Preise sind immer zweitausend Frank aus dem Vereinsvermögen.

19. Die Gesellschaftsräume, welche nur den Mitgliedern bekannt sein sollen, sind von großer Schönheit, umgeben von herrlichen Gärten. Im Winter ist die Halle gut geheizt. Die Versammlungszeit ist von fünf Uhr abends bis zwölf Uhr mittags. Gegen Mitternacht ist großes Mahl und die ganze andere Zeit werden Erfrischungen gereicht.

20. Alle Spiele sind in der Gesellschaft verboten. Nachdem sie sich die angenehmste Erholung zum Ziele macht, verachtet sie alles, was abseits liegt von der göttlichen Leidenschaft der Wollust, die einzig den Menschen begeistern kann.

21. Der Aufzunehmende bleibt, wer immer er sei, ein Monat als Novize. Während der ganzen Zeit dient er der Gesellschaft: Er dient als Werkzeug, kann weder die Serails betreten, noch eine Stellung einnehmen. Wenn er sich irgend welchen Wünschen verweigert, so.wird er zum Tod verurteilt.

22. Alle Stellen werden durch Wahl besetzt. Alle Kabalen sind strengstens verboten. Die Stellen sind: Präsident, zwei Sekretäre, Zensor, zwei Direktoren der Serails, Schatzmeister, der Maitre d'Hotel, zwei Ärzte, zwei Chirurgen, ein Geburtshelfer, der Direktor der Sekretariate, der unter sich die Schreiber, die Drucker, den Revisor der Arbeiten hat, endlich der Oberinspektor der Eintrittskarten.

23. Kein Mann über vierzig Jahre, kern Weib über dreißig wird aufgenommen; doch die in der Gesellschaft altern, können dort ihr ganzes Leben bleiben.

24. Wer ein Jahr nicht erscheint, wird ausgeschlossen. Weder öffentliches Amt noch Stellung bilden eine Entschuldigung.

25. Jegliche Arbeit gegen Sitten und Religion, welche ein Mitglied bringt, ob sie von ihm oder von jemandem anderen ist, wird in der Hausbibliothek eingestellt, und je nach dem Anteil an der Arbeit wird der Überbringer belohnt.

26. Die im Hause geborenen Kinder werden sofort im Serail-Noviziat untergebracht, um Serail-Mitglieder zu werden sobald, sie zehn Jahre alt wenn es Knaben sind oder sieben Jahre als Mädchen. Frauen und Mädchen aber, welche zum Kinderbekommen neigen, werden ausgeschlossen. Die Fortpflanzung liegt nicht im Geiste der Gesellschaft. Das wirkliche Laster verabscheut die Vermehrung, folglich unterdrückt die Gesellschaft sie. Die Frauen werden die Männer, welche zum Kindermachen hinneigen, anzeigen, und wenn sie unverbesserlich sind, werden sie gebeten sich zurückzuziehen.

27. Die Pflicht des Präsidenten ist, die allgemeine Versammlung zu überwachen. Ihm ist untergeordnet der Zensor. Beide haben die Ruhe aufrechtzuerhalten, die Stille, Obacht zu geben auf die Neigungen der Handelnden und die Unterwürfigkeit der Passiven, das Lachen zu mäßigen, die Gespräche, kurz alles abzuhalten, was nicht zur Ausschweifung gehört oder was ihr schaden könnte. Er hat während seiner Amtszeit die Oberaufsicht über die Serails. Während der Zeit seines Dienstes darf er das Bureau nicht verlassen, ohne sich von seinem Vorgänger vertreten zu lassen.

28. Flüche und besonders Gotteslästerungen sind gesetzlich zugelassen. Man kann sich ihrer bei allen Gelegenheiten bedienen. Man muß sich aber immer duzen.

29. Eifersüchteleien, Streitigkeiten, Szenen aus Liebe, sind strengstens verboten. Alles dies schadet der freien Liebe und man soll sich nur mit der Zügellosigkeit beschäftigen.

30. Jeder Stänkerer, jeder Duellant wird ohne Gnade ausgeschlossen. Die Feigheit wird verehrt wie in Rom. Der Feigling lebt in Frieden mit allen Männern und ist meistens ausschweifend. Und das braucht die Gesellschaft.

31. Niemals wird die Gesellschaft über vierhundert Mitglieder haben und nach Möglichkeit wird die Gleichheit der Geschlechter aufrechterhalten.

32. Der Diebstahl ist in der Gesellschaft erlaubt, der Mord nur im Serail.

33. Kein Mitglied braucht die Instrumente zu seinen Ausschweifungen mitzubringen. Das Haus liefert sie reichlich ausgesucht und rein.

34. Widerliche Krankheiten werden nicht geduldet. Wer sich damit behaftet zeigt, wird unbedingt zurückgewiesen. Und wenn ein schon aufgenommenes Mitglied davon getroffen wird, wird ihm nahe gelegt auszutreten.

35. Ein mit einer Geschlechtskrankheit behaftetes Mitglied muß sich zurückziehen, bis seine vollständige Wiederherstellung von den Ärzten und Chirurgen der Gesellschaft bezeugt ist.

36. Kein Fremder wird zugelassen, auch nicht aus der Provinz. Diese Gesellschaft existiert nur für Pariser.

37. Geburt spielt bei der Aufnahme keine Rolle. Man muß nur das oben bezeichnete Vermögen nachweisen. Wenn eine Frau auch noch so schön ist, wird sie nicht aufgenommen, wenn sie nicht das erforderliche Vermögen nachweist. Das gleiche gilt für einen jungen Mann, wenn er auch noch so schön ist.

38. Weder Schönheit noch Jugend haben Sonderrechte; denn solche würden sehr rasch die Gleichheit der Sitten, welche herrschen soll, stören.

39. Die Todesstrafe trifft alle die, welche die Geheimnisse der Gesellschaft verraten. Sie werden überallhin verfolgt.

40. Wollust, Ausschweifung, Gottlosigkeit, Gemeinheit, alle Auswüchse des Lasters und der Schwelgerei, mit einem Wort, der ganze Schmutz der Unzucht soll in den Versammlungen thronen.

41. Es wird immer hundert Brüder geben, erhalten von der Gesellschaft, welche, jung und schön, als Werkzeuge bei Lasterszenen benutzt werden können. Doch werden sie niemals in andere Stellung kommen. Die Gesellschaft besitzt auch den nötigen Stall, Dienerschaft, Druckerei usw.

42. Weder Waffe noch Stock darf in die Freudensäle mitgenommen werden. Alles wird in den Vorzimmern von Türschließerinnen verwahrt. Um den Saal herum sind einige Cabinets d'aisances, von jungen Mädchen und Knaben bedient, welche allen Launen dienen müssen. Sie sind ausgestattet mit Spritzen, Bidets, feiner Wäsche, Parfümes, kurz allem was nötig ist vor oder nach. Auch ihre Zunge steht zur Verfügung.

43. Es ist strengstens verboten, sich mit der Regierung zu beschäftigen. Jegliche politische Äußerung ist untersagt. Die Gesellschaft respektiert die Regierung, unter welcher sie lebt. Und wenn sie sich über die Gesetze hinwegsetzt, so geschieht dies, weil kein Mensch nach ihrer Überzeugung die Berechtigung hat, Gesetze zu geben, welche die der Natur behindern oder widersprechen. Aber die Ausschweifung der Mitglieder immer im Innern der Gesellschaft soll nie die Regierung oder die Regierenden verletzen.

44. Zwei Serails stehen den Mitgliedern zur Verfügung und bilden die beiden Flügel des Hauses. In dem einen sind dreihundert Knaben von sieben bis fünfundzwanzig Jahren, im anderen gleichviel Mädchen von fünf bis einunzwanzig Jahren. Die Subjekte wechseln unaufhörlich, jede Woche kommen wenigstens dreißig neue in jedes Serail, um so immer etwas Neues zu bieten. Daneben ist ein Haus, wo die Ersatzmannschaft erzogen wird. Sechzig Kupplerinnen sind mit der Erneuerung beauftragt. In jedem Serail ist ein Inspektor. Die Serails sind bequem und gut verteilt. Man macht dort, was man will. Man frönt dort den grausamsten Leidenschaften. Jegliches Mitglied hat freien Eintritt. Nur der Mord muß bezahlt werden, und zwar hundert Taler per Kopf. Jedes Mitglied kann dort soupieren. Die Eintrittskarten verteilt der Präsident und kann sie nur den Novizen verweigern. Die größte Folgsamkeit herrscht in den Serails. Die kleinste Klage über Mangel an Gehorsam oder Dienstbeflissenheit dem Inspektor oder Präsidenten überbracht, und das betreffende Individuum erhält die von dir bestimmte Strafe, die du auch selbst an ihm vollziehen kannst, wenn du willst. In jedem Serail sind zwölf Marterzimmer, wo nichts fehlt, um das Opfer den schrecklichsten und ungeheuerlichsten Martern zu unterziehen.

Man kann die Geschlechter mischen und nach Gutdünken die Frauen zu den Männern führen und umgekehrt.

Es gibt auch zwölf Kerker in jedem Serail für die, welche ihre Opfer schmachten lassen wollen. Doch ist es verboten, ein Serailmitglied nach Hause oder in den Saal mitzunehmen. In den Pavillons findet man auch alle Tiere für die, welche Bestialität lieben. Es ist dies eine einfache und in der Natur gelegene Leidenschaft und muß man sie respektieren. Drei Klagen gegen dasselbe Subjekt genügen, daß es davongejagt wird. Drei Todesurteile genügen zur sofortigen Vollziehung. In jedem Serail sind vier Henker, vier Kerkermeister, acht Prügelknechte, vier Schinder, vier Hebammen und vier Chirurgen zur Verfügung der Mitglieder, um sich ihrer zur Durchführung ihrer Leidenschaften zu bedienen. Selbstverständlich sind Hebammen und Chirurgen nur zur Durchführung von Martern und nicht zu Heilzwecken da. Sobald eines der Subjekte Krankheitserscheinungen zeigt, kommt es ins Spital und kommt nie wieder ins Haus.

Die Serails sind von Mauern umgeben, die Fenster vergittert Die Subjekte kommen nie heraus. Zwischen den Mauern und den Häusern ist ein Zwischenraum von zehn Fuß, darstellend eine Zypressenallee, wo die Mitglieder der Gesellschaft mitunter sich Subjekte herunterführen lassen, um sich in dieser einsamen Allee finsteren Lüsten hinzugeben. Am Fuße der Bäume sind Löcher, wohin die Opfer sofort verschwinden. Man tafelt öfters unter diesen Bäumen, oft auch in diesen Löchern selbst. Es gibt mehrere sehr tiefe Löcher, in welche man auf geheimen Stiegen hinuntersteigen und wo man sich allen Schamlosigkeiten hingeben kann, in einer Stille, wie in den Eingeweiden der Erde. .

45. Niemand wird aufgenommen, ohne den Eid zu unterzeichnen, den man ihn schwören läßt, und die Verpflichtungen seines Geschlechtes.  - (just)

 

Verein Regel

 

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