aterstochter   »Ich habe nicht die Absicht, zu heiraten, und es freut mich, daß ich anders als meine Mutter bin«, sagte Sarah Mose. Im Grunde hätte es sie große Mühe gekostet, sich jener zu erinnern, die wenige Jahre nach Sarahs Geburt gestorben war; aber Alben entnommene, auf Karton geklebte Fotos hatten sie oftmals eine Frau sehen lassen, die nach dem Geschmack vulgärer Männer (dachte Sarah) schön war, mit einem Schwall gelockten Haars, fett und (so schien es) aus allen Poren Fett ausschwitzend, beinahe übermäßig entblößt durch den Badeanzug oder die extravagantesten Abendkleider. Sarah hatte diese Aufnahmen zerrissen und dann verbrannt, und das einzige in der Welt, was sie ihrem Vater nicht verzieh, war, daß er sich durch ein so plumpes Geschöpf hatte verführen lassen, und dabei verdankte sie jenem Geschöpf ihr Dasein. Das letztere nun aber hatte sie nahezu vergessen; ihr wäre es lieber gewesen, wenn einzig ihr Vater sie geschaffen hätte. Im Widerspruch zu der üblichen Auffassung, denn häufig ist bei jungen Mädchen die entgegengesetzte Einstellung anzutreffen, rührte ihr Abscheu vor dem Vorgang des Gebärens von der starken, tiefen Feindseligkeit her, die sie angesichts der Bilder ihrer Mutter empfunden hatte.  - André Pieyre de Mandiargues, Der Diamant. In: A.P.M., Schwelende Glut. Frankfurt am Main 1995 (st 2466, Phantastische Bibliothek 323, zuerst 1959)

Vaterstochter  (2)  Ohne es sich selbst richtig klarzumachen, entschloß sie sich insgeheim dazu, daß die Leute im Verhalten der Tochter nie auch nur den geringsten Anhaltspunkt dafür finden sollten, daß die Mutter am Ende von einem schlechten Kerl verführt worden sei.

Wenn sie aber allein war, gab sich Malli glücklich dem Gedanken an ihren großgewachsenen, schönen Vater hin. Für sie mochte er ruhig ein Abenteurer gewesen sein, ein Freibeuterhauptmann, von denen man in Kriegszeiten hörte - oder ihretwegen sogar ein Korsar oder Seeräuber. Unter ihrer äußerlich so ruhigen Art lag eine urwüchsige Fröhlichkeit und fordernde Lebenszuversicht verborgen; in ihre Verachtung für die Bürgersleute im Städtchen mischte sich Nachsicht mit ihrer Mutter. Sie und Alexander Ross wußten in solchen Dingen besser zu urteilen. - Tania Blixen, Schicksalsanekdoten. Reinbek bei Hamburg 1988 (zuerst 1958)

Vaterstochter  (3)

Vaterstochter  (4)

Vaterstochter  (5)  In hiesigen Landen befand ich mich gar wohl, denn ich kaufte nicht allein wieder ein adeliges Gut an mich, sondern mietete noch dazu eine Wassermühl, mit welcher ich etliche Wiesen und Äcker zu genießen hatte. Aber der Teufel trieb sein Spiel auch hierinnen nicht ein Geringes, denn es wurde in solcher ein Mühlknecht erschlagen, welcher nach dem Tod dermaßen umging, daß kein Mensch mehr darin arbeiten wollte. Dieses Gespenst ließ sich sehen, bald als ein Bock, bald als ein aussätziger Mann. Daher wurde gemutmaßt, sein Vater sei entweder ein Schneider oder ein Weber gewesen. So kam mir auch gar viel Vieh um, welchen Schaden ich aber durch das Getreide ersetzte. Endlich genas ich auf diesem Gut einer Tochter, welche mir ein Spitzbube zum Pfande hinterlassen. Gleichwohl erzog ich diese sehr aufsichtig und unterrichtete sie in allen wohlanständigen Tugenden, sagte ihr auch nicht das Geringste, welch ein ehrbarer und sauberer Mann ihr Vater gewesen, sondern gab vor, daß er als ein wackerer Soldat im Felde gestorben und vor dem Feind mit zweien Drahtkugeln sei erschossen worden.

«Aber ich mochte lehren und sagen, was ich wollte, so hatte doch der Vater eine Wurzel in diesem Kinde gelassen, welche fast unmöglich auszurotten war. Sie neigte sich gar frühzeitig zum Diebstahl, und konnte man bald an ihren Klauen sehen, welch ein artlich Tier . ihr Vater gewesen. Sie kam in dieser Kunst so weit, daß sie mir die silbernen Gesperr von den Gebetbüchern mausete, und solche Sachen verschacherte sie unter das Gesind um ein Lumpengeld. Dafür kaufte sie sich in der Stadt oder ließ sich durch andere kaufen die leichtfertigsten Hurenbücher, so zu bekommen waren. Diesen Fehler wurde ich bald inne, und ich vermahnete sie mit Guten und Bösen, aber es galt eins so viel als das andere, nämlich keines nichts. Wenn man vor oder nach dem Essen betete, so putzte sie ihren Kopf oder machte das Gesind sonsten lachen, und wer sie sollte lügen gehöret haben, der hätte gestehen müssen, daß sie nicht so bald vor den Hintern gegriffen, als sie schon eine ganze Hand voll eingesalzener und recht gewürzter Lügen auf die Bahn gebracht, welche ihr so glücklich abgegangen, wie ein geladener Wagen bergunter. Ich kann schwören, daß ich sie die Zeit meines Lebens nicht die geringsten Tränen vergießen sehen, so sehr ich sie auch ausgefilzet und ausgehudelt habe. Aber das Lachen war ihr so eigentümlich, wie dem Müller das Stehlen. Ihre Handlungen anbetreffend, hab ich all mein Tag kein unflätigeres Tier gesehen, denn sie ließ große Rülps über dem Essen, und sonsten noch was, das ich nicht gern nennen mag. Jedoch, wenn jemand Fremdes zugegen war, stellete sie sich so engelrein, als ob sie ihr Leben lang nie kein Wasser betrübt hätte. - Johann Beer, Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebensbeschreibung Das ist Eine kurzweilige Histori Eines/von dem Glück/wunderlich erhabenen Menschens/welcher erzehlet/wie und auf was Weis er in der Welt/unter lauter abentheuerlich= und seltsamen Begebenheiten herum gewallet/bis er endlich zur Ruhe gekommen/In welcher Unterschidliche Begebenheiten durch die Hechel gezogen/und sonsten allerlei merkwürdge Zufälle der vorwitzigen Welt offenbaret und entworfen werden. In: J. B., Das Narrenspital. Reinbek bei Hamburg 1957 (zuerst 1680)

 

Vater-Tochter-Beziehung Tochter

 

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