aterfreuden Mein lieber Bruder,
Der Himmel hat am vergangenen Sonnabend unsere kleine Heerde wieder mit einem
Mutterschäfchen vermehrt. Ich schreibe dieses mit Empfindungen, die mir
kaum noch die Fähigkeit dazu laßen. Sprechen würde ich nicht können, wenn ich
Dir dieses in der Wochenstube vor dem Bette sagen solle. Die Güte, die Geduld
und das Vertrauen auf den Himmel bey dieser vortrefflichen Frau, und unsere
wechselseitige Liebe, die Freundschafft die täglich wächßt sind nicht für Worte.
Sie so wohl als das Kind sind so gesund, als es nur möglich ist. Als ich ihr
den liebevollen Schluß Deines Briefs vorlaß drückte sie mir die Hand, und wendete
ihr Gesicht ab um ihre Freudenthränen zu verbergen. Ich bin überzeugt, der Himmel
wird sorgen. Sparen und arbeiten muß freylich die Ordre du Jour seyn, und in
der Welt giebt es dazu für Menschen von Gefühl kein größeres Reitzungs Mittel,
als Kinder und eine solche Ehe, von der noch gestern gesagt wurde, sie
habe wohl nicht viele ihres gleichen in der Welt, und der Antheil, den alle
gute Menschen an unserm Schicksale deswegen nehmen, ist unbeschreiblich. Friede
und häußliches Vergnügen den gantzen Tag. Liebe für unsere Kinder und unserer
Kinder für uns, keinen Pfennig Schulden, u.s.w., wer das sehen will, der komme
zu uns. Sind wir unglücklich, so haben wir den Trost, es weniger verdient zu
haben, als irgend eine Familie in der Welt. Um die Fortsetzung Deiner brüderlichen
Liebe dürfen wir wohl nicht bitten, denn einen größern Trost in der Welt haben
Wir nicht und schwerlich Du ein Dir mehr ergebenes Hertz als unser für sich
und Dich vereintes. Wir wollen aber doch, geliebts Gott, sorgen daß die Heerde
nicht größer wird!
- Lichtenberg an Ludwig Christian Lichtenberg, nach (
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