Vater-Sohn-Beziehung (2)
Schon der kleine Knabe sah in dem Vater eine Art Nebenbuhler,
welchen er haßte und tot wünschte. Durch das ganze Leben zieht sich diese Feindschaft
mit dem Vater. Die beiden beschuldigen und bedrohen einander. Der Vater droht,
den Sohn ins Irrenhaus zu bringen, der Sohn will den
Vater (wegen eines angeblichen Mordes an seinem Lokomotivführer) ins Zuchthaus
setzen. Es kommt immer wieder zu Mißhandlungen und Schlägereien, Jeder behauptet,
daß der andere ihm nach dem Leben trachte, ihn vergiften wolle, ihn beeinträchtige.
Zwischendurch verbinden sie sich aber auch mal wieder zu gemeinsamen Betrügereien
oder entlasten einander vor Gericht. -
Theodor Lessing, Haarmann. Die Geschichte eines Werwolfs. Berlin 1925
Vater-Sohn-Beziehung (3)
In Rom tranken wir Tee mit Norman Douglas in seiner im fünften Stock gelegenen
Wohnung mit Blick auf das Forum, Wir sprachen zwei Stunden - über zeitgenössische
Schriftsteller und ihr Leben, sein eigenes Leben, seinen Sohn, den er seit dessen
Geburt praktisch nicht mehr gesehen hatte. Sie trafen sich erst wieder, als
der Junge erwachsen war, und fühlten sich sehr zueinander hingezogen, jeder
ein Mann, den der andere voll und ganz akzeptierte. Für sie beide eine befriedigende
Erfahrung. Bei dieser Gelegenheit äußerte Douglas die Ansicht, das Beste, was
ein Vater nach der Zeugung für seinen Sohn tun könne, sei, spätestens bei seiner
Geburt zu sterben. - (wcwa)
Vater-Sohn-Beziehung (4)
König Artus bestieg sein Pferd und rief: Wehe, was für ein unseliger
Tag! Er ritt zu seiner Partei, und Sir Mordred tat desgleichen. Niemals hat
es je in einem christlichen Land eine so blutige Schlacht gegeben. Alles fiel
wütend übereinander her und focht und hieb, und gar mancher tödliche Streich
fiel, und zornige Worte flogen hinüber und herüber. Oftmals sprengte König Artus
durch Sir Mordreds Schlachtreihen und hielt sich so wacker, wie es einem edlen
König zukommt. Niemals schonte er sich, und Sir Mordred setzte ihm gewaltig
zu und brachte ihn in große Gefahr. So kämpften sie den ganzen langen Tag und
hielten nicht inne, bis die meisten edlen Ritter auf der kalten Erde lagen.
Noch weiter ging die Schlacht, bis die Nacht hereinbrach und hunderttausend
Tote den Hügel bedeckten. König Artus geriet außer sich vor Zorn, daß seine
Leute so hingemetzelt wurden, und blickte um sich. Da merkte er, daß von seinem
ganzen Heer und allen seinen wackeren Rittern nur noch zwei am Leben waren,
nämlich Sir Lucas der Kellermeister und sein Bruder Sir Bedivere, und auch sie
waren schwer verwundet. Barmherziger Jesus, rief der König, wo sind meine edlen
Ritter geblieben? Wehe, daß ich je diesen schmerzlichen Tag erleben mußte, denn
nun ist mein Ende gekommen. Aber, bei Gott, ich wüßte gern, wo dieser Verräter
Sir Mordred steckt, der an all diesem Unheil schuld ist. Da gewahrte König Artus,
wie Sir Mordred inmitten eines Haufens toter Männer auf seinem Schwert lehnte.
Jetzt gebt mir meine Lanze, sagte Artus zu Sir Lucas, denn dort drüben habe
ich den Verräter erspäht, der dieses ganze Unglück herbeigeführt hat. Herr,
laßt ihn, erwiderte Sir Lucas, denn er ist fluchbeladen. Und wenn Ihr diesen
unglücklichen Tag übersteht, könnt Ihr sehr wohl an ihm Rache nehmen. Edler
Herr, erinnert Euch an Euern nächtlichen Traum und an das, was Euch der Geist
Sir Gaweins prophezeit hat. Gott hat Euch in seiner großen Güte bisher geschützt.
Deshalb laßt ihn jetzt um Gottes willen gehen, hoher Herr. Gelobt sei Gott,
Ihr habt die Schlacht gewonnen, denn hier sind wir drei am Leben, aber bei Sir
Mordred lebt keiner mehr. Und wenn Ihr jetzt abbrecht, ist dieser verruchte
Schicksalstag vorüber. Tod oder Leben, entgegnete der König, ich sehe ihn jetzt
dort allein, und er soll mir nicht entrinnen, denn eine bessere Gelegenheit
wird sich niemals finden. Gott steh Euch bei, sagte Sir Bedivere. Dann packte
der König seine Lanze mit beiden Händen, sprengte auf Sir Mordred los und rief:
Verräter, jetzt hat deine Todesstunde geschlagen! Als Sir Mordred König Artus
hörte, rannte er ihm mit dem gezückten Schwert entgegen. Mit der Lanze stieß
König Artus Sir Mordred unter dem Schild in den Leib, daß die Lanze über einen
Klafter tief durch ihn hindurchfuhr. Als Sir Mordred spürte, daß er eine tödliche
Wunde empfangen hatte, richtete er sich mit seiner ganzen Kraft auf und hieb
mit dem Schwert, das er in beiden Händen hielt, seinem Vater einen solchen Streich
seitlich gegen den Kopf, daß das Schwert Helm und Hirnschale durchschlug. Danach
stürzte Sir Mordred tot zur Erde, und der edle Artus sank bewußtlos zu Boden;
er kam zu sich, aber er verlor immer wieder die Besinnung.
- (artus)
Vater-Sohn-Beziehung (6) Eine große, massige Gestalt; Halbglatze (verbliebenes Haupthaar bildet eine Tonsur); die Schädelform viereckig,
so daß die helle Kopfhaut einen an den Eckpunkten abgerundeten Würfel
zu umspannen scheint. Der Mann mag ca. Mitte 50 sein; seine graue
Anzugjacke mit Sitzknittern am Rücken & Spiegel am Hosenhintern gibt
ihm die unauffällige Erscheinung eines xbeliebig Subalternen.— Physisch
wirkt die hochgewachsene Erscheinung insgesamt zwar kantig, doch neigt
der Leib zu Übergewicht & Verfettung, wodurch die dienst—gemäße
Kantigkeit dieses Leibes weichere, abgerundete Formen erhalt. -
Vorstellbar: Als Familien=Vater besitzt er ein Gutesverhältnis zu seinem fast erwachsenen Sohn. Dies Guteverhältnis,
sobald Vater & Sohn gemeinsam erscheinen, demonstriert sich bis ins
Gebaren beider : Wobei das des Sohnes Ausdruck ist gewisser
übernommener Leben'sSchlauheit & Gewalt=Tätigkeiten des-Alten; die 1
Mal vorgefaßte Meinung benutzen als eisernes Werkzeug zum unbedingten
Durchsetzen der eigenen Ansicht; während in des Vaters Gebaren des
Jugendlichen Käsigkeit sich dreinmischt. Auch denkbar die häusliche,
bereits zum Ritual gewordne Situation, wonach
Vater-&-Sohn=gerneinsam zum Rauchen auf den Balkon gehen, der
Frau=Mutter wegen, die Tabakrauch in der Wohnung nicht haben möchte.
Versonnen stehen dann beide, Vater & Sohn, rauchend u im Ivernehmen
zumeist still bei jedem Wetter auf dem Balkon, wobei durchaus auch der
Sohn dem Vater 1 Zigarette anbietet. - So sind die weichen Bewegungen
dieses Mannes geeignet, das Viereckige zu kaschieren; die Viereckigkeit
aber gehört zum Naturentwurf seiner Erscheinung. Hierdurch wirkt er in
gewisser Weise unvollendet, irreführend banal..... Zwischen Sichtbarkeit u: Wahrheit eine Diskrepanz. - (jir)
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