nzucht

Die STUPRA
(1871)

Früher begatteten sich die Tiere sogar im Lauf, mit Eicheln, bedeckt von Blut und Kot. Unsere Väter zeigten stolz ihr Glied durch die Falte der Hülle und die Narbe des Beutels.

Im Mittelalter brauchte ein Weibchen, ob Engel oder Hure, einen Burschen aus hartem Holz; sogar noch einem Kleber, nach seiner Hose zu urteilen, die vielleicht ein wenig lügt, hat es bestimmt nicht am Mittel gefehlt.

Im übrigen ist der Mensch dem stolzesten Säugetier ebenbürtig; die Größe ihrer Glieder erstaunt uns zu Unrecht; doch es schlug die Stunde der Unfruchtbarkeit: das Pferd

und der Ochs zügelten ihre Brunst, und keiner wird mehr wagen, stolz sein Geschlecht in den Hainen zu recken, die von drolligen Kindern wimmeln.

*

Unser Hintern ist nicht ihrer. Oft habe ich aufgeknöpfte Leute hinter einer Hecke gesehen, und bei diesen Bädern ohne Zwang, an denen sich Kinder erfreuen, betrachtete ich die Oberfläche und die Wirkung unseres Arsches.

Fester und in sehr vielen Fällen bleich, ist er mit deutlichen Halbflächen bedeckt, die das Gitter der Haare überspinnt; bei ihnen blüht nur in der reizenden Furche dichter und langer Samt.

Eine rührende und wunderbare Unbefangenheit, die man nur bei den Engeln auf heiligen Bildern sieht, ahmt eine Wange nach, auf der das Lächeln sich eingräbt.

O! auch nackt zu sein und Freude und Ruhe zu suchen, den Kopf ihrer glorreichen Partie zugewandt, und frei alle beide in Schluchzen zu stöhnen?

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Dunkel und faltig wie eine violette Nelke atmet er, demütig verborgen im Moos, das noch liebesfeucht die sanfte Neigung von den weißen Hinterbacken bis zum Rand seines Saumes hinabsteigt.

Fäden, die Milchtränen gleichen, haben im grausamen Südwind geweint, der sie zurückstößt durch die kleinen Gerinnsel aus rötlichem Mergel, bis sie sich verlieren, wohin die Neigung sie rief.

Mein Traum vereinigte sich oft mit seiner Öffnung; meine Seele, eifersüchtig auf den materiellen Akt, machte sich daraus ihr falbes Gefäß für Tränen und ihr Nest für Seufzer.

Es ist die verzückte Olive und die zärtliche Flöte, das Rohr, in dem die himmlische Praline herabkommt, weibliches Kanaan, von Feuchtigkeit umschlossen.

 

- Arthur Rimbaud, Paul Verlaine. Nach (rim)

Unzucht (2) Einer der Paragraphen erinnert mich  an eine bestimmte Person, meinen Großvater, der sich nach dem Tod seiner Frau, fast schon ein Greis, in die Magd eines Nachbarn verliebte. Im Gesetz ist die Rede davon, daß, wer es mit einer Magd des Königs trieb und sich öffentlich mit ihr einließ, zur Strafe ab da ebenfalls dienen mußte, als Knecht, mit ihr zusammen. Und so sehe ich beim Lesen des antiken Gesetzes den Großvater, wie er an jenem Sonntagnachmittag, mit seiner verbotenen Liebe, welche dem ganzen Dorf bekannt war, absichtlich alleingelassen, von der plötzlich zurückgekehrten Familie ertappt wurde — seine eigene Tochter, meine Mutter, und noch seine zweite Tochter sind dabei. Der fast Siebzigjährige steht mit herabgelassenen Hosen, die kaum jüngere Dienstmagd im Unterrock. Niemand der Augenzeugen lacht; daß ein Mann, noch dazu ein alter, sich so kurz nach dem Tod seiner Frau mit einer anderen einläßt, dazu mit solch einer, ist etwas Ernstes, und am ernstesten schauen die beiden Töchter. Die greisen Unzüchtigen haben gerötete Wangen, zweimal zwei kleine, starkrote, kreisrunde Flecken dort, nicht aus Beschämung, sondern weil sie eben noch sich geküßt haben, bei fast geschlossenem Mund und gespitzten Lippen, wie die Vögel oder die Kinder, auch geradeso eifrig, im Aberwitz-Tempo, Kopf gegen Kopf, die Leiber dabei voneinander weggerückt. Die Haare dieses purpurwangigen Paares stehen ab von den Häuptern, grau bei der Frau, immer noch schwarz bei dem Mann, sie blickt in den Kreis, während er, wie schon zuvor, ihr in die Augen schaut. - Peter Handke, Mein Jahr in der Niemandsbucht. Frankfurt am Main 1994

Unzucht (3) Dieses Wort bedeutet zwar alles/ was wider  Zucht und Tugend laufft/ wird aber gemeiniglich von der Unkeuschheit gebrauchet. Die Sünd der ersten Welt/ die auch die letzte fällt/ der verliebten Kützelgretz/ kommet von dem Bulgeschwetz. Die Sünd des Fleisches Lust/ ist alten nicht bewust. Der unreine Hurengeist/ den Weg zu der Höllen weist. Die blinde/ verderbliche/ schwächende/ rasende/ unverschämte/ freche/ geile/ schändliche/ kurtze/ verhasste/ unfruchtbare/ sträffliche/ flüchtige/ bereute/ verlohrne Liebeslust. Die übereilte Wollust bringet zu spat betraurte Unlust. Mit unbehauenen begierlichen Worten herausbrechen/ verschämen. Unzucht ist die Pestien/ die mit dem schnellen Gifft/ den Nechsten auch betrifft. Wer seinen eignen Leib mit Lustseuch hat gefährt/ ist schnellen Todes Werth / und muss mit viel Verdrüssen auch mit dem Leibe büssen. Die Lustseuch erzeugt den Wust und mit Franzosen Müntz lohnt offt der Höllen printz. - (hrs)

Unzucht (4)  Delectatio morosa. Damit bezeichnen die Moraltheologen das Brüten über sexuelle Dinge, eine Art geistige Onanie (Gedankenunzucht), die bei beiden Geschlechtern sich zeigen kann. Das Brüten über sexuelle Dinge führt dann zu spontanen Orgasmen, selbst bei vollkommen normalen Personen. Hammond nennt diesen Zustand auch »psychischen Coitus«, bei dem ein Phantasiegebilde in Gegenwart des begehrten Wesens genügt, um Orgasmus zu erzeugen. In öffentlichen Fahrgelegenheiten, im Theater oder sonstwo sieht der Mann ein Weib, das er begehrt; er konzentriert nun seine ganze Aufmerksamkeit auf ihre Person und durchläuft im Geiste alle Stadien der Intimität mit ihr, wodurch er in ganz kurzer Zeit bis zum Orgasmus gelangt. Havelock Ellis zitiert einen hieher gehörigen Fall von Niceforo, der eine italienische Arbeiterin betrifft, die viermal am Tage eine Absonderung von Schleim erzielte, sogar in Gegenwart ihrer Mitarbeiterinnen, ohne sich zu bewegen oder ihren Körper zu berühren, einfach durch sexuelle Vorstellungen.- (erot)

Unzucht (planetarische)  Der Eridaner legte die Charta der OVP beiseite und nahm den gewichtigen Band des Kodex zur Hand, den ihm die Helfer zwischen die Taster des Geärms gelegt hatten, schlug das gewaltige Buch an der richtigen Stelle auf und begann klangvoll zu lesen: »Band zwei des Interplanetaren Strafrechts, Absatz achtzig, betitelt ›Über planetarische Unzucht‹:

Paragraph 212: Wer einen natürlich unfruchtbaren Planeten befruchtet, wird mit hundert bis fünfzehnhundert Jahren Verstirnung bestraft, unbeschadet der zivilen Verantwortlichkeit für die moralischen und materiellen Verluste des Geschädigten.

Paragraph 213: Wer im Sinne des Paragraphen 212 schuldig wird und dabei erheblichen bösen Willen dokumentiert, indem er Manipulationen unzüchtigen Charakters mit Vorbedacht ausführt, deren Ergebnis eine Evolution von besonders entarteten Lebensformen sein soll, die allgemeinen Ekel oder allgemeines Entsetzen hervorrufen, wird mit fünfzehnhundert Jahren Verstirnung bestraft.

Paragraph 214: Wer einen unfruchtbaren Planeten aus Nachlässigkeit, Zerstreutheit oder auch durch Nichtverwendung geeigneter antikonzeptioneller Mittel befruchtet, wird mit einer Strafe bis zu vierhundert Jahren Verstirnung bestraft; handelt er mit verminderter Kenntnis der Folgen seiner Tat, kann die Strafe auf hundert Jahre herabgesetzt werden.<

Ich erwähne nicht die Strafen«, fügte der Eridaner hinzu, »die für ein Eingreifen in Evolutionsprozesse in statu nascendi angesetzt sind, denn das gehört nicht zu unserem Thema. Ich betone dagegen, daß der Kodex eine materielle Verantwortung der Täter gegenüber den Opfern planetarer Unzucht vorsieht. Die einschlägigen Abschnitte des Zivilkodex möchte ich nicht vorlesen, um die Mitglieder der Versammlung nicht zu langweilen. Ich füge lediglich hinzu, daß in dem Katalog der Körper, die als definitiv unfruchtbar im Sinne sowohl des Hyperdoktors Wragras als auch der Charta der Vereinigten Planeten sowie des interplanetaren Strafrechts gelten, auf Seite 2618, achte Zeile von unten, die folgenden Himmelskörper figurieren: Uerdue, Uersde, Erde und Ersdue...«  - (lem)

Geilheit Hemmungslosigkeit
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Unkeuschheit
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