niform  Nach und nach wurden Uniformen an die Rekruten ausgegeben, und da wir in Spanien waren, wurde alles einzeln verteilt, so daß niemand genau wußte, wer was erhalten hatte. Manches, was wir am nötigsten gebrauchten, wie etwa Koppel und Patronentaschen, wurde erst im letzten Augenblick ausgegeben, als der Zug, der uns an die Front bringen sollte, schon wartete. Ich habe von einer »Uniform« der Miliz gesprochen, das erweckt wahrscheinlich einen falschen Eindruck. Es war eigentlich keine Uniform, und vielleicht wäre ›Multiform‹ der richtige Name dafür. Die Einkleidung jedes einzelnen erfolgte zwar nach demselben allgemeinen Plan, aber man erhielt nicht in zwei Fällen das gleiche. Praktisch trug jeder in der Armee Kordkniehosen, aber damit hörte die Uniformität auf. Einige trugen Wickelgamaschen, andere Kordgamaschen, wieder andere lederne Gamaschen oder hohe Stiefel. Jeder trug eine Jacke mit Reißverschluß, aber einige der Jacken waren aus Leder, andere aus Wolle und in allen erdenklichen Farben. Die Form der Mützen war genauso unterschiedlich wie die Leute, die sie trugen. Normalerweise schmückte man die Mütze vorne mit einem Parteiabzeichen, außerdem band sich fast jeder ein rotes oder rot-schwarzes Taschentuch um den Hals. Eine Milizkolonne war damals ein außergewöhnlich bunter Haufen. Aber man mußte die Kleidung eben dann verteilen, wenn sie von der einen oder anderen Fabrik überstürzt geliefert wurde. In Anbetracht der ganzen Umstände war es nicht einmal eine so schlechte Kleidung. Hemden und Socken allerdings waren aus miserabler Baumwolle, vollständig nutzlos bei Kälte. Ich wage nicht auszudenken, was die Milizsoldaten während der ersten Monate erduldet haben müssen, als noch nichts organisiert war. Ich erinnere mich daran, daß ich einmal eine etwa zwei Monate alte Zeitung las, in der ein P.O.U.M-Führer nach dem Besuch der Front schrieb, er wolle sich darum kümmern, daß »jeder Milizsoldat eine Decke bekommt«. Dieser Satz läßt einen schaudern, wenn man jemals in einem Schützengraben geschlafen hat. - George Orwell, Mein Katalonien. Bericht über den Spanischen Bürgerkrieg. Zürich 1975 (zuerst 1938)

Uniform (2)  Er hatte bislang nur ein Mal einen Soldaten gesehen: durch Zufall in einem Eisenbahnabteil dritter Klasse, unweit von Brest, einen Heimkehrer, der ganz nackt war unter Mantel und Hose. Durch die Löcher in den Hosentaschen war die schmutzige Haut zu sehen. Er stank nach Kot, Fieber, Sperma, Stiefelwichse und Waffenschmiere. Die Kleider, die man Sengle hinwarf, hatten offensichtlich mehrere Tonkinesenkörper zu überstehen gehabt. Sengle begriff, wie nützlich beim Kommiß die Unterhosen gegen die Berührung mit diesem Unterfutter waren. Zugegeben: rein materiell war es desinfiziert; geistig jedoch blieben die Gerüche darin haften. Strafverschärfung: das Schuhwerk. Er suchte sich das allerkleinste aus. Und versank in Lederschachteln von dreiundzwanzig Zentimeter Länge.   - Alfred Jarry, Tage und Nächte. Roman eines Deserteurs. Frankfurt am Main 1998 (zuerst 1897)
 
Kleidung Soldat Gleichheit
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