nglaube
Im Unglauben liegt die größte
denkbare Anstrengung des Menschen gegen seinen eigenen Instinkt und Geschmack.
Es handelt sich darum, für immer auf die Freuden der Einbildungskraft zu verzichten,
auf allen Hang zum Wunderbaren. Es handelt sich darum, den ganzen Sack des Wissens
auszuleeren. Der Mensch möchte alles wissen. Alles verneinen, alles bezweifeln
und ausharren in der Armut der Gedanken, des Wissens, der erhabensten Weisheit
- welch schreckliche Leere, welch ein Nichts, welch eine Selbstüberwindung!
Dadurch ist bewiesen, daß der größte Teil der Menschheit, hauptsächlich der
Frauen, deren Einbildungskraft doppelt so stark ist - denn sie haben die Einbildungskraft
des Kopfes und der Gebärmutter - nicht ungläubig sein könnte. Die es sind, können
es nur sein in der größten Kraft und Jugend der Seele. Wenn die Seele altert,
erscheint irgendein Glaube wieder, deshalb sollte man die Ungläubigen niemals
verfolgen. In Wirklichkeit sind sie auch niemals verfolgt worden. Man verfolgt
nur die Fanatiker, die Sektengründer, die Jünger haben könnten. Der Fanatiker
ist ein Mann, der sich mitten in die Menge stürzt, und zunächst alle gewinnt.
Der Ungläubige handelt ganz anders. Er ist ein Seiltänzer,
der die gefährlichsten Sprünge macht. Er erregt bei
allen Zuschauern Entsetzen, und niemand ist versucht, ihm nachzufolgen oder
ihn nachzuahmen. - (
gal
)
Unglaube (2) Es wurde von einem Fall erzählt,
der sich vor langer Zeit ereignet hatte, als Leaphorn gerade erst zur Navajo-Polizei
gekommen war. Es ging um einen Skinwalker, der angeblich im Checkerboard-Gebiet
sein Unwesen trieb. Leaphorn hatte dem Gerede keinen Glauben geschenkt. Und
dann hatte der Bursche drei Zauberer ermordet und
sich, als man ihn zu lebenslanger Haft verurteilte, in der Zelle das Leben genommen.
Und die Leute munkelten natürlich sofort, das alles wäre Leaphorns Schuld, weil
er eben nicht an Hexerei glaubte. -
Tony Hillerman, Die Nacht der Skinwalker. Reinbek bei Hamburg 1997