ndank Den
Körper, die Zähne und die halbgeschlossenen Augen des Drachens hinter sich herziehend,
reitet der Ritter an einem Friedhof, einer Kirche und
einem einsamen Haus vorbei, aber niemand erscheint, um ihm zu huldigen: nicht
einmal die Toten, die sich auf ein Murmeln beschränken, das auch ein Vorwurf
sein könnte. Warum kommt der Priester nicht heraus, um den Drachentöter
zu segnen? Warum kommen die Bewohner des Hauses nicht heraus, um seine Steigbügel
zu küssen? Haben sie womöglich Angst vor ihm - dem Mann, der sie von dem ungeheuerlichen
Ungeheuer befreit hat? Der Ritter ist mißmutig und erst recht stolz auf seine
Unternehmung. Dort seht Ihr ihn, wie er durchs Stadttor reitet und in die große
Straße hinein, die zum Königsschloß führt, die Straße ist dicht bevölkert, aber
während er auf ihr entlangreitet, merkt er, daß etwas seltsames geschieht: die
Leute verstummen, weichen zurück, wenden den Blick ab, und er fühlt, daß sie
es nicht tun, um das schreckliche Ungeheuer nicht zu sehen, sondern um ihn,
den Ritter, nicht anzuschaun. Er kann nicht umhin, zu bemerken, daß ein Gefühl
des Abscheus ihn einhüllt, die Bürger empfinden nicht Angst vor ihm, sondern
Ekel. -
(
pill
)
Undank (2) Popilius wird wegen paricidium angeklagt, einer unmenschlichen Tat. Cicero mit seinen Orationen verteidigt ihn und eine so ungerechte Sache.
Antonius wird Triumvir, und beauftragt seinen eigenen Bruder, Cicero proskribieren zu lassen. Als er Cicero den Kopf abschlagen soll, sendet er Popilium, der kapabel gewesen war, paricidium zu begehen; er war allein im Stand, das Todesurteil an Cicero zu exequieren, dem er sein Leben zuzuschreiben hatte.
Also wird Cicero für eine ungerechte Sache von dem Allerundankbarsten bezahlt
und dem, dem er den größten Dienst getan hatte. -
(
nem
)
Undank (3) Eines Tages hatten die sieben Mädchen kein Wasser mehr im Hause. Die Älteste nahm einen Ziegenfellsack (für Wasser) und ging damit fort zur Quelle, um Wasser zu holen. Sie kam an ein Haus, in dem wohnten sieben Iwarseniuen (menschenfressende Riesen). Sechs von ihnen waren auf der Jagd und nur einer war daheim, für das Haus zu sorgen.
Als der Wuarsen das Mädchen sah, sagte er: »Was willst du, mein Mädchen?«
Die Älteste sagte: »Ich wollte Wasser an der Quelle holen.« Dem Wuarsen gefiel
das schöne Mädchen über alles, und er sagte: »Komm, mein Mädchen, iß etwas und
nimm dann Wasser aus unserm Brunnen.« Die Älteste trat herein. Sie aß, was der
Wuarsen ihr bot. Die Älteste sagte nach dem Essen: »Es riecht hier nach Weizen.«
Der Wuarsen sagte: »Sieh hier die Getreidegrube, sie ist ganz voll Weizen! Nimm
dir davon, soviel du willst.« Die Älteste sah in die Getreidegrube hinab und
sagte: »Da lange ich nicht hinunter. Hebe du mir herauf.« Der Wuarsen bückte
sich, um in die Tiefe hinabzugreifen. Die Älteste gab ihm einen Stoß. Der Wuarsen
stürzte hinab. Die Älteste sah sich dann im Hause um, fand dort viel Gold und
Kleider und Korn, nahm von allem und kehrte heim. -
Märchen der Kabylen. Gesammelt von Leo Frobenius, Hg. Hildegard Klein. Düsseldorf
u.Köln 1967
Undank (4)
Undank (5)
Undank
(6) Die großen Tiere waren nun alle verschwunden. Das
brachte einen Nachteil mit sich, den man nicht berechnet hatte. Womit sollte
man jetzt seinen Hunger stillen?! Die Herden und Insektenschwärme hatten Felder
und Gärten verwüstet. Alle Vorräte wurden schlecht, Eier, gesalzenes und geräuchertes
Fleisch verdarben; es stand eine Hungersnot bevor. Da rückten zwei norddeutsche
Schwestern mit einem praktischen Vorschlag
heraus. Eine von ihnen hatte Chemie studiert und scharfsinnige Versuche angestellt,
die ihrer Ansicht nach gelungen waren. Das Paar wollte die vom Negro in Haufen
an das Ufer geworfenen Fischleichen durch eine geheime Prozedur entgiften und
in eßbare Speisen verwandeln. Trotz ihres guten Willens ernteten die zwei Fräulein
schwarzen Undank: sie wurden vorn empörten Pöbel gelyncht.
— - Alfred Kubin, Die Andere Seite. München 1975 (zuerst 1909)
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