mschleichen Dem
Scharfsinn des Augustinus ist eine höchst
ernstliche Bedenklichkeit nicht entgangen, deren Beseitigung so schwierig ist,
daß, soviel mir bekannt, alle späteren Philosophen, mit Ausnahme dreier, die
wir deshalb sogleich näher betrachten werden, sie lieber fein leise umschlichen
haben, als wäre sie nicht vorhanden. Augustinus hingegen spricht sie, mit edler
Offenheit, ganz unumwunden aus, gleich in den Eingangsworten der Bücher de lib.
arb.: Dic mihi, quaeso, utrum Deus non sit auctor mali? [Sage mir, ich
bitte dich, ob Gott nicht der Urheber des Bösen ist!]
- Und dann ausführlicher gleich im zweiten Kapitel: Movet autem animum, si
peccata ex his animabus sunt, quas Deus creavit, illae autem animae ex Deo;
quomodo non, parvo intervallo, peccata referantur in Deum. [Folgende Frage
bewegt mein Gemüt: Wenn die Sünden aus den Seelen kommen, die Gott geschaffen
hat, jene Seelen aber aus Gott kommen: Wieso fallen dann die Sünden nicht mittelbar
auf Gott zurück?] Worauf der Interlokutor [Gesprächspartner] versetzt: Id
nunc plane abs te dictum est, quod me cogitantem satis excruciat. [Jetzt
hast du geradezu das gesagt, was mich beim Nachdenken nicht wenig quält.] -
Schopenhauer, Preisschrift über die Freiheit des Willens
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