Ueberlegen

   Überlegen (2)  Manchmal überlege ich mir spaßeshalber, wie mein Leben ausgesehen hat. Meine Kindheit? Genau wie alles, was später gekommen ist, nur in verkleinertem Maßstab. Meine literarischen Arbeiten? Eine Reihe beträchtlicher Siege über mich selbst - so sehr hat es mir immer an Selbsttäuschung, an Ehrgeiz, an irgendwie gearteten Idealvorstellungen gefehlt.

Meine Häuslichkeit? Ich wohne in fast leeren Zimmern, wie jemand, der am selben Morgen erst eingezogen ist.

Meine Liebesverhältnisse? Ich hatte mir Schönheit, Beschwingtheit, Eleganz, Abenteuer gewünscht: gehabt habe ich nur so etwas wie ein ungesetzliches Bratkartoffelverhältnis. Das Geld? Ich habe immer arbeiten müssen. Ich arbeite noch immer für meinen Lebensunterhalt und verbringe den ganzen Tag zwischen den vier Wänden eines Büros. Die Tafelfreuden, die guten Gerichte, die guten Weine, die Gesellschaft fröhlicher Tischgenossen, alles, von dem es heißt, es lasse einen innerlich aufblühen? Ich trinke Wasser, ich esse die merkwürdigsten Dinge an einer Ecke des Tisches, wie man eine lästige Pflicht erledigt. Freunde? Ich weiß nicht recht... Ich habe welche, und selber bin ich höchstens für Rouveyre einer, der genauso ein komischer Kauz ist wie ich. Die Wahrheit ist eher, daß die ganze Welt verschwinden könnte, ohne daß es mich rührte. Ich sehe gern einmal diesen oder jenen, aber wenn ich sie nicht sähe, wäre es ebenso recht. Was ich liebe, was mir gefällt, was ich mir gewünscht hätte, was ich vermisse, wonach mich verlangt, was mich begeistert - ich glaube, auf all das könnte ich antworten: Nichts. - (leau)

Überlegen (3)  Der mörderische Kleinl. Zum Unterschied von seinen Altersgenossen, die ein Kind manchmal aus Mutwillen töteten, zB durch Zertrampeln, tötete der 17jährige Kleinl ein Kind ab und zu aus folgender Überlegung: Jetzt ist das Patscherl drei Jahre, will über die Straße, ich könnte es warnen, es ist ja so klein und der mordlustige Gummireifen so groß. Schnecken! Das Scheusal wird in dreißig Jahren mein Chef, hat mich rasch überholt, er 33, ich 47 - kriege nach meiner Kündigung keinen Posten mehr. Mit Taste drückt er mich herbei, mit Video beobachtet er, ob ich auf dem Klo nicht über das Spülen hinaus rauche. Du siehst das Trumm Scania nicht, haha, Patscherl, Chef, geh nur schön über die Kreuzung zu Mutti hinüber, haha. So korrigiere ich fallweise die Weltgeschichte.    - (met)

 

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