rödeln   Gesetz war der Wille des Herrschers und sonst nichts. Jeder konnte grundlos getötet werden, alles konnte als Anlaß dienen, und Chaka, der »Große Elefant«, war so krankhaft mißtrauisch gegen alle potentiellen Rivalen, daß er selbst alle seine Kinder töten ließ, damit sie nicht zu Gegnern heranwüchsen. Dieses Mißtrauen gegen die eigene Verwandtschaft erwies sich als nicht völlig unbegründet, denn es waren die eigenen Brüder, die ihn töteten, ehe er selbst zum Schlag gegen sie ausholen konnte.  - Franz Rottensteiner, Nachwort zu: Henry Rider Haggard, Nada die Lilie. München 1980 (zuerst 1892)

Trödeln (2)  Sie gelangen an den Rand des Kraters und finden vor ihren Augen so etwas wie eine Wüste, halb Gebirge, halb Ebene. Eine trostlose Region, über welcher ein folienartiger Erdboden liegt, und nirgendwo auch nur ein Grashalm. Sie gehen auf einen großen Steinbrocken zu, welcher aussieht wie ein menschlicher Kopf. Da ist die Nase, das Kinn und auch ein bißchen vom Halse. Ebenso sind da zwei große Löcher, die aussehen wie zwei Augen. Millemosche, Pannocchia und Carestia nähern sich diesem Riesenkopf und betrachten ihn von unten bis oben.

»Er gleichet einem, den ich schon mal irgendwo gesehen habe.« »Es könnte der Kopf des Kaisers sein.«

»Wie kannst du das sagen, wo du ihn doch gar nicht kennest?«

»Kaiser haben immer einen großen Kopf.« »Der Kopf ist für alle gleich.« »Wer weiß, wer ihn hierher geschafft hat?« »Irgend jemand wird ihn verloren haben.« »Große Dinge verlieret man nie.« »Und wo ist der Rest?« »Welcher Rest?«

»Der Magen, der Bauch, die Beine, die Schuhe und alles andere.«

»Weiß ich nicht und will es auch gar nicht wissen.« Millemosche, Pannocchia und Carestia hören auf zu reden und gehen um den steinernen Kopf herum, dann klettern sie zuvörderst den Hals empor, dann, vom Halse aus, richten sie sich zu dritt im großen Ohre ein, gelangen dann vom Ohr ins rechte Äug, und von dort aus betrachten sie die dürre Ebene, die sich unterhalb von ihnen bis zu einer gelben Hügelkette hinzieht. Dann fragen sie sich, was sie eigentlich in diesem Auge machen, ob sie vielleicht ihre Zeit vertrödeln. Allein, Pannocchia sagt, sie hätten doch eh nichts zu tun, und wenn man nichts zu tun habe, sei es besser, man vertrödele die Zeit, als daß man sie suche. Und unterdessen wird man alt, sagt Carestia, und wird von einer großen Angst vor dem Alter gepackt, bis Millemosche aufspringt und sagt, daß das Alter ja vielleicht auch ganz schön sein könne, wer weiß das schon?  - Luigi Malerba, Tonino Guerra: Von Dreien, die auszogen, sich den Bauch zu füllen. Berlin 1969

Trödeln (3)  Jetzt werde ich ein bißchen herumtrödeln, dachte er, als er nach Hause kam. Auf sizilianisch klang das viel besser: tambasiàre. Er mochte dieses Wort. Es bedeutete, in aller Ruhe von einem Zimmer ins andere zu wandern, ohne Ziel und Zweck, ja, sich einfach mit unnützen Dingen zu beschäftigen. Und genau das tat er. Er stellte die Bücher in Reih und Glied, machte auf seinem Schreibtisch Ordnung, rückte eine Zeichnung an der Wand gerade, putzte die Brenner des Gasherds. Er hatte keinen Appetit, war nicht ins Restaurant gegangen und hatte noch nicht einmal den Kühlschrank geöffnet, um nachzusehen, was Adelina ihm zubereitet hatte. Wie immer hatte er gleich beim Eintreten den Fernseher eingeschaltet. Die erste Nachricht, die der Sprecher von »Televigäta« vorlas, berichtete in allen Einzelheiten von der Ermordung des Advokaten Rizzo.  - Andrea Camilleri, Die Form des Wassers. Köln 2014

 

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