Traumsteuerung   Es ist die Analogie mit dem Traume, welche uns, wenn auch wieder nur in neblichter Ferne, absehn läßt, wie die geheime Macht, welche die uns berührenden, äußeren Vorgänge, zum Behufe ihrer Zwecke mit uns, beherrscht und lenkt, doch ihre Wurzel in der Tiefe unsers eigenen, unergründlichen Wesens haben könnte. Auch im Traume nämlich treffen die Umstände, welche die Motive unserer Handlungen daselbst werden, als äußerliche und von uns selbst unabhängige, ja oft verabscheute, rein zufällig zusammen: dabei aber ist dennoch zwischen ihnen eine geheime und zweckmäßige Verbindung; indem eine verborgene Macht, welcher alle Zufälle im Traume gehorchen, auch diese Umstände, und zwar einzig und allein in Beziehung auf uns, lenkt und fügt. Das Allerseltsamste hiebei aber ist, daß diese Macht zuletzt keine andere seyn kann, als unser eigener Wille, jedoch von einem Standpunkte aus, der nicht in unser träumendes Bewußtseyn fällt; daher es kommt, daß die Vorgänge des Traums so oft ganz gegen unsere Wünsche in demselben ausschlagen, uns in Erstaunen, in Verdruß, ja, in Schrecken und Todesangst versetzen, ohne daß das Schicksal, welches wir doch heimlich selbst lenken, zu unserer Rettung herbeikäme; imgleichen, daß wir begierig nach etwas fragen, und eine Antwort erhalten, über die wir erstaunen; oder auch wieder, - daß wir selbst gefragt werden, wie etwan in einem Examen, und unfähig sind die Antwort zu finden, worauf ein Anderer, zu unserer Beschämung, sie vortrefflich giebt; während doch im einen, wie im andern Fall, die Antwort immer nur aus unsern eigenen Mitteln kommen kann.

Diese geheimnißvolle, von uns selbst ausgehende Leitung der Begebenheiten im Traume noch deutlicher zu machen und ihr Verfahren dem Verständniß näher zu bringen, giebt es noch eine Erläuterung, welche allein dieses leisten kann, die nun aber unumgänglich obscöner Natur ist; daher ich von Lesern, die werth sind, daß ich zu ihnen rede, voraussetze, daß sie daran weder Anstoß nehmen, noch die Sache von der lächerlichen Seite auffassen werden. Es giebt bekanntlich Träume, deren die Natur sich zu einem materiellen Zwecke bedient, nämlich zur Ausleerung der überfüllten Saamenbläschen. Träume dieser Art zeigen natürlich schlüpfrige Scenen: dasselbe thun aber mitunter auch andere Träume, die jenen Zweck gar nicht haben, noch erreichen. Hier tritt nun der Unterschied ein, daß, in den Träumen der ersten Art, die Schönen und die Gelegenheit sich uns bald günstig erweisen; wodurch die Natur ihren Zweck erreicht: in den Träumen der andern Art hingegen treten der Sache, die wir auf das heftigste begehren, stets neue Hindernisse in den Weg, welche zu überwinden wir vergeblich streben, so daß wir am Ende doch nicht zum Ziele gelangen. Wer diese Hindernisse schafft und unsern lebhaften Wunsch Schlag auf Schlag vereitelt, das ist doch nur unser eigener Wille; jedoch von einer Region aus, die weit über das vorstellende Bewußtseyn im Traume hinausliegt und daher in diesem als unerbittliches Schicksal auftritt.   - Schopenhauer, Über die anscheinende Absichtlichkeit im Schicksal des Einzelnen. Nach (schop)

Traumsteuerung (2)  Vorsichtshalber, glaube ich, deckt man die Brunnen über Nacht zu, denn manchmal steigt beim Morgengrauen eine Feuchtigkeit aus ihnen auf, die alle im Schlaf stört. Ich habe sogar erfahren, daß der Brunnen, wenn er will, die Träume lenkt, und er macht sie nach Lust und Laune schön oder schrecklich. Aber ich weiß nicht, wieviel Wahres daran ist. Als ich nach Selvapiana kam, zeigte mir eine Frau ihren Brunnen samt dem Wasser auf dem Grund, dem Deckel und der Brunnenwinde.

Ab und zu würden sie ihn noch benützen, sagt die Frau, aber der Wasserhahn sei praktischer.

Als Kind, sagt sie, war er ihr nicht geheuer, weil er widerhallte und die Stimme wieder heraufschickte; dann hat er auf einmal auch mit ihr geredet. Seine Worte waren freundlich, aber die Satze abgerissen und fast sinnlos. Und es tat ihr leid, daß sie ihn nicht gut verstand, sagt sie. Doch so vergingen die Nachmittage, und man achtete nur auf den Brunnen, und auch wenn sie aufs Feld ging, hatte sie nur den Brunnen im Kopf, und immer seine Sätze im Ohr. Aber ihre Schwester hörte noch seltsamere Sachen, da war ein Gewisper an ihrem Ohr, so daß sie immer Bange hatte, sobald Wasser hochgezogen wurde. Dann ließ sie sich einmal mit dem Eimer hinunter. Eine geraume Zeit blieb sie unten, bevor sie rief: »Zieht mich hinauf!« Hinterher wollte sie gar nichts erzählen.  - (mond)

Traumsteuerung (3)  
 

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