raumgeruch
Zuerst war da ein Geruch nach Morast, denn
links von der Straße begannen die Sümpfe, die Moorböden,
aus denen niemand zurückkehrte. Aber der Geruch hörte auf, und an seine Stelle
trat ein Duft, vielschichtig und dunkel wie die Nacht,
in der er vor den Azteken flüchtete. Und alles war so natürlich, er mußte vor
den Azteken fliehen, die auf Menschenjagd gingen, und seine einzige Chance war,
sich im Wald, wo er am dichtesten war, zu verbergen, immer darauf achtend, sich
nicht von der festen Straße zu entfernen, die nur sie, die Moteken, kannten.
Am schlimmsten marterte ihn der Geruch, als ob selbst noch in der absoluten
Anerkennung des Traums etwas gegen das rebellierte, was ungewohnt, bis dahin
nicht im Spiel gewesen war. »Es riecht nach Krieg«, dachte er, instinktiv den
Steindolch berührend, der in seinem aus Wolle gewebten Gürtel steckte. Ein unerwarteter
Laut ließ ihn sich ducken und reglos verharren, zitternd. Daß er Angst hatte,
war nicht befremdlich; in seinen Träumen wucherte die Angst. Er wartete, von
den Zweigen eines Strauches und der sternlosen Nacht verdeckt. Sehr weit weg,
wahrscheinlich auf der anderen Seite des großen Sees, mußten Biwakfeuer brennen;
ein rötlicher Glanz färbte jenen Teil des Himmels. Der Laut wiederholte sich
nicht. Es hatte sich angehört wie ein knackender Ast. Vielleicht ein Tier, das
wie er vor dem Geruch des Krieges floh: Er richtete sich langsam auf, witternd.
Man hörte nichts, aber die Angst war noch da wie der Geruch, dieser süßliche
Weihrauch des erhabenen Kriegs. Er mußte weiter, zur Mitte des Waldes gelangen,
dem Morast ausweichend. Aufs Geratewohl, sich jeden Augenblick bückend, um den
härteren Boden der festen Straße zu befühlen, machte er einige Schritte. Er
wäre gern losgelaufen, aber die Moorböden federten neben ihm. Auf dem Pfad in
der Finsternis suchte er die Richtung seines Weges. Dann nahm er einen schrecklichen
Schwall dieses Geruchs wahr, den er am meisten fürchtete, und sprang verzweifelt
nach vorn.
»Sie werden noch aus dem Bett fallen«, sagte der Kranke neben ihm. »Machen
Sie nicht solche Sprünge, Freundchen.« - Julio
Cortazar, Die Nacht auf dem Rücken. Die Erzählungen Bd. 1. Frankfurt am Main
1998
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