Traum, entzückender   Ein Fürst bestattete seine heißgeliebte Gattin. Eine Rotunde aus grauem Sandstein mit mächtigen Säulen. Der Sarg von Eisen. Ich im kleinen Trauergefolge. Der Fürst steht an dem Sarge neben der gähnenden Gruft; er weint (seine Tränen fallen auf den Eisendeckel). Der Fürst ist Kaiser Wilhelm (der jetzige), — nein, es ist mein alter Gönner Otto Jaeger, — nein, ich selbst bin der Fürst. Der Sarg wird versenkt. Ich trete aus der Halle ins Freie. Mein jubelndes Volk empfängt mich. Ich erinnere mich: ich habe ein Edikt erlassen: das Volk soll fröhlich sein zur Ehre ihres Todes, sie wollt es so. Ich mische mich in die Festfreude, Es ist Frühling. Das Volk ist nur aus jugendlichen Menschen gebildet, Jünglingen und Mädchen. Sie scheinen nackt, aber ihre Haut ist von ganz eng anliegender Hülle bedeckt, wie von einem zarten, magisch leuchtenden Trikot, und alle tragen an den Schultern schimmernde, mohnblumenrote Elfenflügel. Sie haschen einander und schlingen Reigentänze unter den knospengrünen Bäumen. Ich wandle weiter und komme in eine Waldschlucht. Auf einem moosigen Felsblock sitzen zwei der festlichen Mädchen, ein braunes, ein blondes ; die Braune hat rötliche, die Blonde azurblaue Flügel. Sie tanzen vor mir her, reizen mich; ich komme in Hitze, ich will sie haschen. Ich folge immer weiter; bald halte ich eine, bald entwindet sie sich, weil ich wieder nach der andern haschen möchte. Von diesem ermüdenden Neckspiel erwache ich . - Richard Dehmel, nach (je)

Traum Entzücken


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