ourist
Ich bin fest überzeugt, daß mein hartnäckiges Überleben, außer von den Plänen
der Vorsehung oder von den Erhebungen des Karmas, davon abhängt, daß ich mich,
praktisch seit meiner Geburt, niemals des Essens enthalten habe. Wahrscheinlich
habe ich auch vor meiner Geburt gegessen, vermute aber, daß es sich um eine
karge, eintönige und aufgezwungene Kost handelte, da sie mir nicht im Gedächtnis
geblieben ist; ein mir befreundeter Kinderarzt versicherte mir überdies, daß
die Fetusse weder Speise- noch Weinkarte kennen, sondern wie Touristen immer
dasselbe Menü vorgesetzt bekommen. -
(man)
Tourist (2) Es war schon Abend, als er ins Hotel zurückkehrte. Zu Tode erschöpft, ließ er sich neben der Eingangstür auf eine Bank sinken. Leute kamen und gingen. Mitunter grüßte ihn jemand, doch wegen der Dunkelheit erkannten ihn die meisten nicht.
Er aber achtete nicht auf das, was um ihn herum vorging, denn er war ganz
mit sich selbst beschäftigt. Und keiner von denen, die hier vorüberkamen, bemerkte,
daß er mitten in der Brust einen Pfeil trug. Ein vollendet gearbeiteter Stab
aus offenbar sehr hartem, dunklem Holz ragte etwa fünfunddreißig Zentimeter
aus einem blutigen Flecken in seinem Hemd hervor. Gaspari starrte unentwegt
diesen Pfeil an, doch in sein Entsetzen mischte sich ein seltsames Glücksgefühl.
Er hatte bereits versucht, den Pfeil herauszuziehen, aber die Schmerzen waren
viel zu groß. Die Haken der Spitze hatten sich wohl tief ins Fleisch gebohrt.
Dann und wann brach neues Blut aus der Wunde. Er fühlte, wie es über Brust und
Bauch rann und in den Falten des Hemdes auseinanderlief. - Dino Buzzati, Die Maschine des Aldo Christofari. Frankfurt
am Main 1985
Touristen (2, kimmerische)
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