Toilettenbenutzung

 

- Milo Manara

Toilettenbenutzung (2)  Als Isaacs alleinstehende Tochter mußte sie die Toilette mit einem alten Mann, der gegenüber wohnte, teilen. Dieser alte Mann verdreckte die sanitären Anlagen. Als Junggeselle verachtete er Frauen, die im Sitzen pinkelten. Marilyn mußte die Toilette nach ihm spülen; er war viel zu heikel, die Schnur zu berühren, die an dem Wasserbehälter befestigt war. Wenn er sich wenigstens die Mühe gemacht hätte, die Toilettentür zu schließen, hatte sie dem Junggesellen ganz aus dem Weg gehen können. Wenn er auf dem Klo saß, wand er seine Hose um einen Nagel über seinem Kopf, schlug sich mit der Faust auf seine groben Knie, und durch die Tür drangen abscheuliche Lieder, von denen Marilyn wegen der fieberhaften Intonation des Junggesellen annahm, daß es sich um Balzgesänge handelte. Weitere Anhaltspunkte hatte sie nicht. Die Lieder hatten nichts mit einer Sprache zu tun, die Marilyn kannte; es schien, als zirpe er englische, jiddische und ungarische Wortfetzen. Marilyn verspürte wenig Lust, ihren Sinn zu ergründen.

An jenem Morgen, sie mußte dringend pinkeln, taumelte sie in die Toilette. Sie schwankte, um einem Zusammenstoß mit den Knien des Junggesellen zu umgehen. Ihr Busen schlug gegen die Wand. »Christus«, sagte sie. Er saß dort und klappte seine Zähne mit häßlichen Geräuschen aufeinander, und aus seinem Bauch erhob sich ein roter Schwanz, um einem irisch-jüdischen Mädchen ein Ständchen zu bringen. - Jerome Charyn, Marilyn the Wild. München 1996

 

Toilette

 

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