odesmeditation Eine
Bewußtmachungstechnik war die buddhistische Todesmeditation. Während etwa die
männerbündische Konfrontation mit dem Tode in der Initiation den Zweck verfolgte,
dem Tod die Schlagkraft zu nehmen, die er besitzt, solange man ihm nicht ins
Auge sieht oder ihn verdrängt, und während in ähnlicher Weise der japanische
Samurai den Tod durch seine ständige Vergegenwärtigung
entschärfte, damit er ihm im Kampf ohne zu zittern begegnen konnte, standen
die buddhistischen und die hinduistischen Todeskonfrontationen nicht im Dienste
des Lebens.
Wenn diese Meditierenden auf Friedhöfen beobachteten,
wie die Leichen sich allmählich zersetzten und die Maden in den verwesenden
Leibern herumkrochen, dann ähnelte diese Beschäftigung eher der aus dem mittelalterlichen
contemptus mundi geborenen Nekrophilie als der Begegnung
des dorischen Theseus mit dem Minotaurus oder der
Skelettierung des sibirischen Schamanen. Ihr Sinn lag nämlich darin, dem Betreffenden
vor Augen zu führen, daß der Mensch nur ein Haufen Dreck und Unrat und das Leben
im Grunde wertlos ist. - Hans Peter Duerr, Sedna oder Die Liebe zum Leben. Frankfurt
am Main 1984
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