odesgeruch  Die Tür am Ende des Korridors war fest verschlossen. Vowles und die beiden anderen Constables brauchten mehrere Anläufe, um sie gewaltsam zu öffnen. Der Gestank in der völligen Finsternis trieb sie zurück.

«Jesus, was ist das?» fragte ein Constable. «Das ist der Geruch des Todes», sagte Lestrade zu ihm. «Ich bin sicher, dies war der Raum mit der Kerze», sagte Hovey. Lestrade nahm eine Laterne. «Beim Öffnen der Tür ist sie wahrscheinlich ausgeblasen worden», sagte er. Seine Füße knirschten auf zerbrochenem Glas. Er blickte sich um. Ein Bett, ein Stuhl, eine Anrichte am Fenster. Seine Füße stießen gegen etwas anderes. Es rasselte und klapperte. Es war eine schwere lange Kette. Er hob die kalten Glieder hoch und zog sie straff. Am Ende war etwas befestigt. Als er die Laterne hochhielt, sah er, was es war. Ein alter Mann, gräulich-grün, in einem zerfetzten Nachthemd lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Dicht an seinem Körper teilte sich die Kette, ein Strang führte zu einer Spange am Handgelenk, der andere war mit dem Fußknöchel verbunden. Lestrade sah, daß die Haut rund um die Spangen zerschnitten und durchgescheuert war. Der Mann war bis aufs Skelett abgemagert, seine eingefallenen Augen starrten blicklos zur Decke empor. Lestrade blickte hinauf. Deutlich gegen den dunkelblauen Nachthimmel abgehoben, erkannte er eine Schale mit Obst. Im Schein der Laterne konnte er sehen, daß die Früchte schimmelig und verschrumpelt waren. Schlagartig war ihm alles klar.

«Augustus», sagte er.

«Nein, Isaac Prendergast», verbesserte ihn Hovey, über seine Schulter spähend. «Gott, dieser Gestank.»

Alle Kleider des toten Mannes und der Boden ringsum waren mit Ausfluß bedeckt. Es war jetzt totenstill, lediglich Vowles erbrach sich verstohlen auf dem Treppenabsatz.   - M. J. Trow, Lestrade und die Struwwelpeter-Morde. Reinbek bei Hamburg 1990 (zuerst 1985)

Todesgeruch (2)  Es war Vollmond, und das Meer schien um so unwirklicher, als auf der Wasserfläche Millionen Kügelchen glucksend zerplatzten, ich will nicht sagen, aus Schwefelwasserstoff, aber jedenfalls strömten sie jenen undefinierbaren, scharfen Geruch nach Rost und organischer Fäulnis - mit einem Anfing von Alkali — aus, der für gewisse Thermalwasser charakteristisch ist, zum Beispiel die von Capvern in den Pyrenäen, die von Montecatini in der Toscana oder die von Chichana in Andalusien, die von weitem nach feuchter Wäsche, an Ort und Stelle nach schmutziger Unterwäsche riechen, Brechreiz erregen, wenn man sie einnimmt, und angeblich radioaktiv sind - Winde, jawohl, für die reichen Damen der Bourgeoisie. Es roch also plötzlich nach Tod in dieser Nacht, und das Deck mit seinen Hügeln von Fässern, die auf weißem Gipsgrund wie eine Inschrift auf einem Grabstein Papadakis' Firmenzeichen trugen, und mit den senkrechten Schatten, die wie Zypressen aussahen, erinnerte an einen kleinen muselmanischen Friedhof im Mondenschein; das Großsegel wirkte wie das bauchige Gewölbe über dem Grabmal eines Emirs oder die Kuppel eines Marabuts. Und dazwischen lag einsam, wie inmitten von Trümmern, der Bulgare, ausgestreckt wie ein aufgedunsener Toter, und die Takelung überzog seinen Körper mit Tauen, Knoten und verzerrten Maschen wie mit einem Netz, und der vom Mastknauf geworfene Schatten fiel senkrecht auf sein aufgeschwemmtes Gesicht und zeichnete ihm eine Maske, eine schmale Halbmaske, die von den Bogen der Brauen spitz zum Kinn hinunterlief, die geschwollenen Wangen aussparte, die vom Mondschein übergossenen Backenknochen freigab.  - (cend)

Todesgeruch (3) Schriftsteller reden von dem süßlichen ekelerregenden Geruch des Todes, dabei kann Ihnen jeder Junkie sagen, daß der Tod nach gar nichts riecht... der Geruch des Todes ist ein farbloser Nicht-Geruch, der einem den Atem nimmt und das Blut in den Adern gefrieren läßt ... niemand kann darin atmen, und nichts davon dringt durch die rötlichen Windungen und schwarzen Blutfilter des Fleischs ... der Geruch des Todes ist unverkennbar ein Geruch und zugleich das völlige Fehlen von Geruch ... da alles organische Leben einen Geruch hat, wird das Fehlen von Geruch die Nase sofort alarmieren ... es wird wahrgenommen wie die Dunkelheit von den Augen, das Schweigen von den Ohren, Druck und Schwerelosigkeit vom Gleichgewichts- und Ortssinn...

Du riechst es ständig, und du strömst es aus für die anderen, die es während eines Junk-Entzugs riechen können... Ein Junkie im Entzug kann mit seinem Todesgeruch ein ganzes Apartment unbewohnbar machen ... doch einmal kräftig durchgelüftet, und die Bude stinkt wieder normal, und man kann wieder drin atmen... Man riecht es auch während einer Ölfresser-Sucht, die plötzlich in geometrischer Progression ausufert und sich verbreitet wie ein Waldbrand...

Die Kur heißt immer: Laß alles liegen—und spring!     -(lun)

 

Geruch Tod

 

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