Tirade, lyrische   Ein Ausruf Montenegros über die Majestät der Stiere genügte, um den Geist Angladas zu wecken. Der Meister hat, sich selbst übertreffend, eine jener fruchtbaren lyrischen Tiraden improvisiert, die gleichermaßen den Historiker wie den Grammatiker, die kühle Vernunft wie das große Herz verblüffen. Er sagte, zu anderen Zeiten seien die Stiere geheiligte Tiere gewesen — noch früher Priester und Könige, noch früher Götter. Er sagte, dieselbe Sonne, die jetzt das Vorüberziehen der Stiere bescheine, habe schon in Kretas Gewölbegängen Menschen vorbeiziehen sehen, die wegen Lästerung des Stieres zum Tode verurteilt waren. Er sprach von Männern, die durch das Eintauchen in warmes Stierblut unsterblich geworden waren. Montenegro wollte ein blutiges Schauspiel heraufbeschwören, dem er in Nîmes beigewohnt hatte — Stiere, deren Hörner durch Kugeln abgestumpft waren, unter der brütenden provenzalischen Sonne; aber Muñagorri, Feind jeder geistigen Expansion, hat behauptet, daß Anglada von Stieren nicht mehr verstehe als ein Krämer. Er thronte in einem riesigen Sessel aus Strohgeflecht und versicherte, was jedem sowieso klar war, daß er unter Stieren aufgewachsen sei und daß sie friedfertige, ja sogar feige Tiere seien, nur recht bockig.  - H. Bustos Domecq: Sechs Aufgaben für Don Isidro Parodi, nach:  Jorge Luis Borges, Adolfo Bioy Casares: Mord nach Modell. Frankfurt am Main 1993
 
 

Tirade Lyrik

 

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