Tiefsinn ⁽²⁾  ist die Kraft des Geistes, mit Gründlichkeit das Wesen der Objekte zu erforschen, tief in den Zusammenhang der Dinge und Begriffe einzudringen, das Verborgenste aufzufinden und zu begreifen. CHR. WOLF nennt denjenigen tiefsinnig, »der einen feinen Grad der Deutlichkeit in seinen Gedanken erreichet«. Nach G. E. SCHULZE zeigt sich der Tiefsinn in vorzüglichem Grade dann, »wenn er sehr Vieles und sehr Verschiedenes durch Ableitung desselben aus wenigen Gründen oder wohl gar aus einem einzigen Grunde Einheit und Zusammenhang bringt« . Nach C. G. CARUS ist Tiefsinn »diejenige Richtung des Geistes, welche sich gegen die Erforschung der Idee selbst kehrt«. Nach M. CARRIERE ist es der Tiefsinn, der »die gemeinsame Einheit und den allgemeinen Lebensgrund in allem Mannigfaltigen und Besonderen erschaut«. Nach VOLKMANN beruht der Tiefsinn auf der »Tiefe des Schließens«.  - Rudolf Eisler, Wörterbuch der philosophischen Begriffe (1904)

Tiefsinn ⁽³⁾ Er notiert in sein Heft arbeiten um die Lust zu überwinden ;! mit Arbeiten aufzuhören, was zu dem Bedauern darüber führt, daß man keine Lust mehr dazu hat. Sein Satz erscheint ihm mehrdeutig, doch er läßt ihn stehen um sich die Illusion von Tiefsinn zu geben. Denn er  erinnert sich seiner Lektüre von Moralisten die ihm, je weniger er sie verstand, um so gedankenschwerer erschienen.

Heute fügt er hinzu, daß besagte Moralisten mit so viel Koketterie ihre Aphorismen schmiedeten, daß sie unbedingt die Schwierigkeit verstanden zu werden voraussehen mußten. Verzichteten also auch nicht auf die Illusion von Tiefsinn. - (rp2)