iefseewellen
Die gewaltigen Wellen des fernen Atlantiks,
aufbrandend von der Dünung ungewöhnlicher Frühlingsgezeitcn,
wurden wahrend der ersten beiden Wochen in diesem besonderen März angezogen
von einem Mond, der kurz vor Vollendung seiner
leuchtenden Rundform stand, magnetischer und machtvoller, als seit manchen langen
Jahren an der Küste zu sehen gewesen war. Die Sandbänke, Untiefen und Schlickebenen
hinauf, die Buchten, Mündungstrichter und Haffwasser jener Kanalküste hinauf
schossen Tag um Tag jene unwiderstehlich eindringenden Wasscrmassen stetig höher
und höher. An den weitläufigen Ebenen der Bridgwater Bucht versammelten sich
diese vom Mond angezogenen Todesboten, raubende, drängende, kräuselnde, schwappende
Wellen und Grunddünungen, überschäumende Wogen und ungekräuselte Walzen schlüpfrigen
Wassers, und rollten mit einer Masse an, die ihren Schwung mit jeder herankommenden
Flut verstärkte, bis es sandige Öden und Dünen, grasige Schelfs und Uferbänke
bedeckte, welche die See seit Jahrhunderten nicht mehr gespürt hatten. Vom nebligen
westlichen Horizont kamen sie her, brandend, wogend, steigend und sinkend, unter
ihnen waren Schwärme ungewöhnlicher Fische und über ihnen Scharen ungewöhnlicher
Möwen. Sie hatten auch eine seltsame Farbe, diese weithergereisten Tiefseewellen,
und ein seltsamer Geruch stieg von ihnen auf,
ein Geruch, der viele Tage lang von der weit entfernten Mitte des Atlantiks
herkam. Sie glichen den Totenhügeln eines großen, verheerenden Schlachtfelds,
das durch ein Erdbeben hcrgetragen wurde, zu Millionen von Berggipfeln aufgehäuft
und zu Millionen von Talsenken herabgezogen wurde, als die ganze Erde sich aufbäumte.
Sie wurden nicht zu sprühender Gischt aufgewühlt, diese schwellenden Springtiden;
sie wurden nicht zu zerstäubendem Nebel gepeitscht. Jede von ihnen rollte vorwärts
über Sand und Schlick, verwandelte diese Gegend aus einem vertrauten Streifen
gelbgraucr Stille in eine weite Ebene voll Summen und Brummen, das die ganze
Nacht anhielt. Weite feuchte Sandflächen, über die jahrelang im Morgengrauen
die Fischer flüsternd und mit schwankenden Laternen gegangen waren und wo verrottete
Pfähle, über Jahrhunderte von Ringelwürmern zernagt und mit Girlanden aus grasgrünem
Seetang behangen, nach links oder rechts geneigt waren, wie es der Zufall wollte,
diese Flächen wurden nun in eine Ödnis grauen Wassers verwandelt. Uralte, in
den Sand versunkene Bootsskelette, deren Namen schon niemand mehr kannte und
die jahrelang den blutigen Widerschein des Sonnenuntergangs in Tümpeln toter
Erinnerungen und vergessener Unglücke aufgefangen hatten, wurden nun vollständig
überspült. Viele dieser einlaufenden Tiefseewellen hatten gebogene Kammspitzen,
die glatt und schlüpfrig waren wie der reinste Marmor, Spitzen, die ständig
immer dunkler zu werden schienen, als sie zum Land hinströmten, bis sie jeder
Morgen- und Abenddämmerung etwas Drohendes verliehen.
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(cowp)
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